Mittwoch, 10. März 2010

Melanchthon und die Ökumene

Philipp MelanchthonImage via Wikipedia
Wozu sind Menschen da? "Wir sind zum wechselseitigen Gespräch geboren." Dieses philosophisch klingende Wort stammt von Philipp Melanchthon. Er war neben Martin Luther der zweite bedeutende Reformator aus Wittenberg. Die evangelische Kirche begeht dieses Jahr seinen 450. Todestag. Dass wir miteinander reden sollen und müssen – das hat Melanchthon nicht philosophisch-abstrakt gemeint. Es war als Alternative gemeint zu dem, was Einzelnen wie ganzen Völkern manchmal so nahe liegt: Aufeinander loszuschlagen.

Stattdessen miteinander zu reden und sich zu verständigen - das riet Philipp Melanchthon im 16. Jahrhundert eindringlich den Kirchen: der katholischen und den sich formierenden Kirchen der Reformation. Melanchthon betätigte sich selbst unermüdlich als Brückenbauer. Er setzte sich für ökumenische Verständigung ein. Deshalb würdigte ihn der verstorbene Freiburger Erzbischof Oskar Saier als den "wohl größten Ökumeniker seiner Zeit".

Einen Versuch, sich zu einigen, unternahmen die verfeindeten kirchlichen Lager auf dem Augsburger Reichstag von 1530. Dort vertrat Melanchthon die protestantische Sache. Er legte dazu das Augsburger Bekenntnis vor. Ein Vermittlungsversuch, indem er sich auf das Wesentliche konzentrierte. Seiner Ansicht nach war die Kirche dann bei ihrer Sache, wenn sie sich an folgenden Grundsatz hielt: "Die eine, heilige, katholische Kirche ist da, wo Menschen sich im Glauben versammeln; bei denen das Evangelium rein gepredigt und die Sakramente der Einsetzung Jesu gemäß gefeiert werden. Das genügt zur wahren Einheit der christlichen Kirche."

Gottes grenzenlose Güte soll die Kirche verkündigen und sie den danach verlangenden Menschen auch in den Sakramenten, mit Brot und Wein leiblich zugänglich machen. So gewinnt Melanchthon eine ungeheure Weite. Denn die übrigen Gebräuche, Riten und Ordnungen können durchaus verschieden sein. Die Einheit im Kern ist dadurch nicht berührt.

Das war damals eine Sternstunde der Ökumene! Leider wurde die Chance zur Verständigung im Jahr 1530 nicht ergriffen. Und obwohl wir gottlob in diesem Jahr wieder einen gemeinsamen, ökumenischen Kirchentag in München feiern wollen, werden viele noch immer ein gemeinsames Abendmahl schmerzlich vermissen.


[Dieser Beitrag ist auch als Rundfunkandacht in der Reihe "Innehalten" bei SR2 und SR3 gelaufen. 
Anhören! (mp3-Datei)]

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