Dienstag, 13. April 2010

Nur Hasen, Hühner oder Eier: Kein Osterlamm im Möbelhaus

Lamb & Flag detailWir befinden uns kirchenjahreszeitlich gesehen in der österlichen Freudenzeit, und so erzähle ich heute von einem persönlichen Erlebnis im Umfeld des Osterfestes. Es hat sich zugetragen an einem Ort, den man zunächst einmal nicht mit Ostern, dem Fest der Auferstehung und des Lebens, assoziiert: Im Möbelhaus nämlich.

Ich stehe an der Kasse in der Schlange. Vor mir will jemand ein Lamm kaufen, also so ein Schaf aus Keramik, für die Osterdeko. Die Kassiererin nennt den Preis. Der erscheint der Kundin zu hoch, sie hält dagegen: "Aber es hieß doch, Osterartikel zum halben Preis." – "Ja, schon", kommt es zurück, "aber das gilt nur für Hasen, Hühner und Eier".

Fast hätte ich losgelacht. Das klingt ja auch zu komisch: Nur Hasen, Hühner und Eier. Und dann ist mir klar geworden, wie absurd das eigentlich ist: Ausgerechnet das Lamm zählt da, im Möbelhaus, nicht zu den Artikeln mit Bezug zum christlichen Osterfest. Dabei ist es im Gegensatz zu Hasen, Hühnern oder Eiern eins der wichtigsten Symbole in der Bibel.

Als Opfertier spielt es schon beim jüdischen Passahfest eine besondere Rolle. Die Schlachtung des Passalammes geht sogar noch weiter zurück, auf ein uraltes Hirtenritual, noch in vorbiblischer Zeit. In Israel ist dieses Ritual verbunden worden mit einer überragenden geschichtlichen Erfahrung: der Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft. Das Blut der Passalämmer, so wird im 2. Buch Mose, Kapitel 12, berichtet, diente als Schutzzeichen an den Häusern der Israeliten, damit die tödliche Bedrohung an ihren Wohnungen vorüberging. So steht das Passahlamm von da an für die Heilstat Gottes: die Erlösung des Volkes Israel aus Unfreiheit und Sklaverei.

Die Urchristen haben das Bild des Lammes auf Jesus Christus übertragen. Paulus nennt ihn das "Lamm Gottes". Und natürlich spielt er damit an eben auf das Lamm, das zum jüdischen Passahfest geschlachtet und verspeist wird. Für Paulus ist Jesus das wahre Passahlamm. "Auch wir haben ein Passahlamm, das ist Christus, der geopfert ist", schreibt er im 1. Brief an die Korinther  (5,7). Der Christus ist im wahrsten Sinne des Wortes das Unschulds-Lamm: Er nimmt die Schuld der Menschen auf sich und trägt sie ans Kreuz. Das Besondere daran ist die Umkehrung: Es ist kein Lamm von Menschen für Gott, sondern von Gott für uns Menschen.

Das Lamm als Opfertier verweist auf den Tod. Deshalb müsste es seinen Platz eigentlich eher am Karfreitag haben. Tatsächlich wird es ja auch in Passionsliedern oft besungen, man denke nur ans Agnus Dei, "Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt". Aber schon bald war die Rede von dem in den Himmel erhöhten und herrschenden Lamm. Besonders in der Johannesoffenbarung ist das der Fall, z.B. Kapitel  21, Verse 22-23: "der Herr, der allmächtige Gott, ist [der] Tempel [des neuen Jerusalem], er und das Lamm. Und die Stadt bedarf keiner Sonne noch des Mondes, dass sie ihr scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm."

Nun erinnert das Symbol des Lammes nicht mehr allein an den Tod, sondern auch an den Sieg über den Tod, die Auferstehung. Auf österlichen Bildern ist Christus häufig dargestellt als Lamm mit einer Siegesfahne.
Zu guter Letzt ist, weil auf Jesus das Bild des Guten Hirten übertragen wurde, das Lamm auch zum Symbol für den Gläubigen geworden. Auch das hat seine Logik: Im Glauben an das Lamm Gottes, das den Tod überwand, ist auch uns dieser Sieg verheißen und dürfen wir hoffen, dass die Siegesfahne Christi auch die unsere sein wird.

Also: Vom Lamm, dessen Blut beim Auszug aus Ägypten an den Türpfosten den Tod abwehrt, über Christus als Lamm, das für unsere Sünden gestorben ist, bis hin zum Osterlamm als Symbol für die Auferstehung und den Sieg über den Tod - noch österlicher geht’s nicht. Nicht mal mit Hühnern, Hasen und Eiern. Aber schließlich hab' ich mit dem Möbelhaus doch noch meinen Frieden geschlossen. Denn ich hab' mir überlegt: Jesus Christus, das Lamm Gottes, das sollte wirklich nicht zum halben Preis verramscht werden.

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Verwendete Literatur:
- Herbert Vincon: Die Feste des Christentums, 2. Aufl., Gütersloh 1998
- Wieso braten Sie ein Lamm in der Kirche?, in: Evangelische Zeitung 12/2010, 25.03.2010
- Lexikon der Symbole

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4 Kommentare:

  1. Schöner Artikel, ich bin jetzt endlich dazu gekommen, ihn durchzulesen. :)

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  2. www.bibelkreis-muenchen.de Die Bibelarbeit zu 1.Petrus 1,3-25
    Damit ihr Hoffnung habt
    2.Ökumenischer Kirchentag München 2010

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  3. Si non e vero, e ben trovato. This saved my day, thanks.

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