Donnerstag, 7. Februar 2013

Pippis Sprachkolonien (Kurzfassung)


Im vergangenen Jahr habe ich meiner Tochter „Pippi Langstrumpf“ vorgelesen. Aus einer alten Ausgabe meiner Frau. Schon auf der zweiten Seite stutze ich – dann lese ich: Pippis Vater ist „König auf einer Südseeinsel“ statt „Negerkönig“. Und auch ansonsten: „schwarze Kinder“ oder „Kinder mit schwarzer Hautfarbe“ statt „Negerkinder“.


Warum? Weil ich einfach nur die Geschichte vorlesen will – nicht etwas dieser Art problematisieren und erklären. Und weil meine Tochter sich gar nicht erst an einen rassistischen Begriff gewöhnen soll. Das halte ich auch für eine christliche Selbstverständlichkeit: Wenn Gott alle Menschen zu seinem Ebenbild erschaffen hat und allen die gleiche Würde zukommt, dann dürfen wir nicht ganze Menschengruppen in eine abwertende Schublade stecken.

Einige Zeit später stellte ich in einer Buchhandlung fest: Der Verlag ersetzt mittlerweile die Begriffe ganz ähnlich, wie ich es beim Vorlesen getan habe.

Die Bedeutung von Wörtern verändert sich im Laufe der Zeit, weil sich der Kontext verändert. Deshalb meine ich: Weil das Wort „Neger“ damals beim Lesen von Pippi Langstrumpf kein Problem war, darum muss dort auch heute wieder ein Wort hin, das kein Problem ist.

Wer die Unantastbarkeit des literarischen Werkes so hoch ansetzt, dass er darauf besteht, dieses Wort stehen zu lassen – der unterstellt, dass es der Autorin selbst auch heute noch wichtig gewesen wäre, dass es für sie eine Bedeutung unabhängig von der zu erzählenden Geschichte hätte, sprich: der macht Astrid Lindgren nachträglich zur Rassistin.

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[UPDATE: Dieser Beitrag ist am 8. Februar 2013 in einer deutlich erweiterten Fassung auch im Blog "protestantisch pfälzisch profiliert" erschienen; dort aber ohne Hinweis und Link auf die Radioandacht].

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