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Montag, 9. März 2020

Ich seh dich - Du und ich ein Selfie Gottes

Kurzpredigt im MITTENDRIN-Gottesdienst am 8.3.2020 in der Prot. Kirche Altrip

Ich seh' dich.
Wer sagt das zu wem?
Ein Mensch zum anderen Menschen.
Ein Mensch zu Gott.
Gott zum Menschen.
Ich seh dich.

Du siehst mich.
Das war vor drei Jahren die Losung für den Ökumenischen Kirchentag.
Und auch das hatte zumindest diese Zweiseitigkeit.
Du, Mensch, siehst mich.
Du, Gott, siehst mich.

Du bist ein Gott, der mich sieht, ansieht.
Hagar sagt diesen Satz, eine Frau im Alten Testament.
Sie ist die Magd von Abram und seiner Frau Sarai.
Und Sarai würdigt sie herab.
Demütigt sie.
Sie hat kein Ansehen.
Und sie flieht in die Wüste, schwanger, mittellos, unbeachtet.
Und dort erfährt sie Gottes Nähe.
Er sieht sie und spricht zu ihr.
Verspricht ihr eine Zukunft: dass der Sohn, den sie in sich trägt, sich behaupten wird.
Dass ihre Nachkommen so zahlreich werden, dass sie unzählbar sind.
Hagar staunt: Du bist ein Gott, der mich ansieht.
Und das Ansehen richtet sie auf, gibt ihr neuen Mut.
Sie kann zurückkehren, sich der unzumutbaren Situation stellen.
Denn Ansehen ist Lebensnahrung.
Angesehenwerden ist Grundnahrungsmittel für die Seele.
Wer übersehen wird,
an wem immmer vorbeigesehen wird,
der verdorrt, verhungert innerlich.

Freitag, 5. Oktober 2012

Klug und maßvoll: der "Blasphemieparagraf"


„Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen ...!“ So tönt eines der biblischen Zehn Gebote.

Dienstag, 2. Oktober 2012

Irrational: Immer noch kein Organspenderausweis


Ich habe noch immer keinen Organspenderausweis. Dabei ist es nicht so, dass ich das für mich bereits entschieden

Montag, 1. Oktober 2012

Donnerstag, 11. August 2011

Wer Binsenweisheiten mag, der werfe den ersten Stein

Mir war die Geschichte von Jesus und der Ehebrecherin ja schon immer zu simpel. Jedenfalls das, was man gemeinhin davon mitnimmt.

Wie muss ich mir das vorstellen? Da wird eine Frau zu Jesus gebracht, die in flagranti ertappt wurde. Auf Ehebruch stand nach mosaischem Gesetz die Todesstrafe. Jesus reagiert mit dem Satz „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie“ - und alle dampfen sie ab, einer nach dem anderen, weil jeder auf einmal denkt: „He, stimmt, darüber hab ich noch nie nachgedacht“?

Also mir ist das zu simpel. Dass jeder irgendwas auf dem Kerbholz hat, dass jeder irgendwann einmal etwas Ungutes, Unrechtes getan hat, dass keiner perfekt ist - das ist doch eine Binsenweisheit. Das ist doch nicht so aushebelnd, überraschend, umstürzlerisch, wie wir es gerne deuten. Wäre nur einer mit etwas Grips und Schlagfertigkeit dabei gewesen, hätte er gesagt: Natürlich ist keiner schuldlos, aber es geht doch um die Schwere der Schuld. Es geht doch darum, wie schlimm das, was einer angestellt hat, für die menschliche Gemeinschaft ist - und ob und wie jemand dafür bestraft werden muss. Es mag ja sein, dass es im Himmelreich anders zugeht - aber hier auf Erden, in der noch unerlösten Welt, da brauchen wir doch Gesetze, um unser Zusammenleben zu regeln.

Da wirkt Jesu Satz doch ein bisschen so, wie wenn man ein kleines Kind in Schutz nimmt: Och, komm, sei nicht so streng mit ihr - denk doch nur mal, was du als Kind so alles angestellt hast.

Die Geschichte steht nur im Johannesevangelium, nicht in den anderen, und selbst dort ist sie erst später eingefügt worden, wie wir heute wissen. Ich glaube, es geht darin gar nicht vorrangig um die Schuld der Menge, um die Sündhaftigkeit aller Menschen - sondern es geht darum, wer Jesus eigentlich ist! Wer diese Geschichte aufgeschrieben hat, der wollte vor allem etwas über Jesus sagen. Und zwar wollte er deutlich machen: Jesus ist der einzig tatsächlich Schuldlose. Und darum ist er der einzige, der das Recht gehabt hätte, tatsächlich einen Stein zu werfen! Deshalb aber ist nicht der bekannte Satz vom „ersten Stein“ das Wichtigste an dieser Geschichte, sondern der Schluss, wo Jesus sagt: „So verdamme ICH dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.“

Es geht um die Gnade Gottes und die Kraft der Vergebung, die einen neuen Anfang möglich macht.
Und das ist wahrlich keine Binsenweisheit.

Dieser Beitrag ist in gekürzter Form als Rundfunkandacht für Rockland Radio "Feels Like Heaven" erschienen und kann über das entsprechende Podcast-Angebot angehört werden.

Dienstag, 9. August 2011

Verbotssystem

PImage by alexvoigt via FlickrFür manche Leute ist Religion ja nur ein riesiges Verbotssystem. Du sollst dies nicht tun, du sollst jenes lassen. Und das auch noch gefolgt von Strafandrohungen; da denken die sich: „Pah, besser lebt sich’s ohne; da kann ich meinen Spaß haben, ohne mir `nen Kopf zu machen.“

Einmal abgesehen davon, dass sich viele Ge- und Verbote, die sich in der Bibel finden, gar nicht mehr auf die heutige Zeit und völlig veränderte Situation übertragen lassen: Seit ich gerade zwei Monate Elternzeit hinter mich gebracht habe, bringe ich diesen regelrechten Verbotslisten vor allem im Alten Testament noch einmal mehr Verständnis entgegen.

Du sollst nicht mit dem Essen herummatschen.
Hör auf, in der Nase zu bohren.
Mach nicht so viel Unsinn.
Du sollst deinem kleinen Bruder nicht immer alles wegnehmen.
Du sollst nicht „blöder Papa“ sagen.
Du sollst nicht mit Spielzeug am Flachbildfernseher herumkratzen.

Manchmal hat man das Gefühl, über die eigenen Lippen kommt in einer Tour nichts anderes mehr als „Nein, nicht, hör auf, lass das sein“. Man kann sich den Mund fusselig reden, und doch bewirkt es oft rein gar nichts.

Und da wird es doch klar wie Kloßbrühe: Auch Gott redet sich den Mund fusselig, weil ihm etwas an uns liegt. Denn das ist doch das Dilemma: auf der einen Seite diese unendliche Liebe zu den eigenen Kindern, denen man nur das Beste wünscht, die sich frei entfalten und gestalten sollen ... und auf der anderen Seite zugleich die Verzweiflung darüber, ihnen so viel verbieten zu müssen – um sie zu schützen, und um sie gemeinschaftsfähig zu machen.

„Aber wir, wir können doch selbst entscheiden; wir wissen, was wir tun; wir sind doch keine unmündigen Kinder!“, höre ich die Kritiker sagen.

Wenn ich mich in der Welt so umsehe, möchte ich sagen:
Doch, oft genug sind wir genau das. Wie gut, dass wir uns da an ein paar Leitlinien halten können.

Dieser Beitrag ist in gekürzter Form als Rundfunkandacht für Rockland Radio "Feels Like Heaven" erschienen und kann über das entsprechende Podcast-Angebot angehört werden.

Freitag, 5. August 2011

Eine kleine persönliche Elternzeit-Bilanz

Hinter mir liegen zwei Monate Elternzeit. Wie schon bei unserer Tochter habe ich mir auch bei unserem Sohn diese Zeit gegönnt - wenigstens zwei Monate, die beiden Partnermonate, um die sich der Elterngeldbezug verlängern lässt.

Ich wollte die Chance nutzen, meine Kinder nicht nur eine Stunde morgens und abends zu erleben - und am Wochenende, das dann unbedingt mit Schönem angefüllt sein muss. Auch bei unserem Jüngsten durfte ich mitverfolgen, wie er sich aus der Horizontalen in die Vertikale orientiert hat, wie er gelernt hat, sich fortzubewegen, sich an Möbeln hochzuziehen, wie er wacklig da steht, umkippt und von mir aufgefangen wird.

Oft bin ich in den vergangenen Wochen gefragt worden: "Und? Wie ist es?", beziehungsweise: "Wie war's?" Ich male dann gar nicht die reine Idylle aus, indem ich sage: Fantastisch, ganz wunderbar, die schönste Zeit meines Lebens. Sondern ich sage: Himmel und Hölle liegen dicht beieinander ...
Denn dass der Papa vom einen auf den andern Tag so viel zu Hause ist, das sorgt schon für Unruhe. Das bringt den gewohnten Rhythmus durcheinander, auch die Kinder verhalten sich anders, wollen die Situation für sich ausnutzen.

Aber auch abgesehen davon gehören das Schöne und das Schwierige doch eben beides dazu, zum Gesamtpaket des Lebens, auch des Familienlebens: Wie die große Schwester sich liebevoll um den kleinen Bruder kümmert, mit ihm spielt und kuschelt - und wie sie dann doch auch wieder die Eifersucht beutelt und sich in Wut und Zorn entlädt. Lachen und Weinen, Ruhiges und Lautes, Kuscheln und Schreien - man bekommt auch mit, was es wohl bedeutet, wenn sich ein Elternteil allein täglich dieser Aufgabe zu stellen hat.
Aber das sind dann doch Erfahrungen, die ich nicht missen möchte, auch oder gerade, weil sie mich auch an meine Grenzen bringen, positiv wie negativ: die oft so kitschig beschworenen Kinderaugen, die mich wirklich den Himmel spüren lassen, wenn ihr Lachen mich meint. Und der Kindermund, der so hässlich trotzig-verzogen sein kann.

Unvermeidlich stellt sich das Gefühl ein: Es lässt sich so viel falsch machen in der Erziehung. In jeder Situation gelassen und angemessen zu reagieren, wer kann das schon? Ich glaube nun: Erziehen, das heißt vor allem auch sich selbst erziehen, an sich selbst arbeiten, die eigene Vorgehensweise immer wieder in Frage stellen und sich korrigieren, sein Bestes geben - und nicht daran verzweifeln, dass es nie genug, nie wirklich richtig ist. Sondern vertrauen.

Und ich muss an die Weisheit vom alten Kirchenvater Augustinus denken: "Liebe - und tu, was du willst". Denn wenn du wirklich liebst, und wenn du dir dieser Liebe stets bewusst bleibst, dann wird sich dein Wollen und Handeln daran ausrichten. Auch für die Erziehung nicht der schlechteste Ratschlag.

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Menschliche Präparate scheibchenweise zu kaufen

Es ist schon mehr als ein Jahr her, dass ich kirchliche Stellungnahmen zur "Körperwelten"-Ausstellung von Gunther von Hagens zusammengestellt und später noch um einen weiteren Aspekt ergänzt habe. Nur der Vollständigkeit halber trage ich deshalb heute hier ins Blog ein, dass von Hagens jetzt kurz vor der Eröffnung eines Online-Shops zum Verkauf seiner Plastinate steht. Das hat die - aus meiner Sicht etwas zu reflexartige - heftige Kritik seitens der badischen Bischöfe hervorgerufen. Von Hagens (strafbaren) "Leichenhandel" vorzuwerfen, erscheint mir in diesem Fall überzogen. Er selbst sieht die Plastinate ohnehin nur als "anatomische Präparate" an.

Formal handelt er in diesem Sinn völlig korrekt, weil "die in unserer Produktpalette enthaltenen originalen anatomischen Lehrpräparate menschlichen Ursprungs [...] nur für medizinische Ausbildungs- und Forschungszwecke verwendet werden [dürfen] und ausschließlich für qualifizierte Nutzer [...] verfügbar [sind]". Qualifizierte Nutzer sind z.B. "Lehrinstitutionen wie Universitäten, Krankenhäuser, Schulen und Museen, sowie praktische Ärzte, Hochschullehrer, Lehrbeauftragte sowie andere Personen, soweit sie mit Ausführung von Forschungsvorhaben befasst sind".

Damals äußerte ich im Kommentarbereich die Vermutung, von Hagens bemühe sich zu vermeiden, irgendwann der Bestattungspflicht nachkommen zu müssen und lege deshalb deshalb solchen Wert auf die Feststellung, Plastinate seien keine Leichen mehr, sondern anatomische Präparate. Deshalb auch dieses Gutachten, in dem sich von Hagens bescheinigen ließ:

"Das Ganzkörperplastinat ist in Bezug auf die Individualität in hohem Maße verfremdet. Da hinzu kommt, dass Plastinate eine lange Überlebenszeit haben, ihre direkten „Angehörigen“ mit großer Wahrscheinlichkeit überdauern werden, entfällt die Voraussetzung für eine Bestattungsabsicht. Plastinate, Ganzkörperplastinate sind in Bezug auf eine Bestattungsabsicht generell Skeletten und anderen anatomischen Präparaten gleichzusetzen. Damit erübrigt sich auch eine Bestattungspflicht."

Die Argumentation, so wie ich sie verstehe, geht davon aus, dass eine Bestattungspflicht nur aufgrund einer Bestattungsabsicht von Angehörigen besteht. Das greift meines Erachtens zu kurz. In Bezug auf die Totenruhe ist als Rechtsgut nicht nur das Pietätsgefühl der Angehörigen, sondern auch das der Gesellschaft zu schützen; außerdem das postmortale Persönlichkeitsrecht. Insofern stellt sich doch die Frage, ob es "erlaubt" sein kann, die Bestattung der Leichen dauerhaft aufzuschieben, indem man ihre Verwendung zu wissenschaftlichen Zwecken immer wieder neu begründet bzw. verlängert, z.B. eben durch Weiterverkauf an andere Einrichtungen. Ob es eine zeitliche "Obergrenze" für die Verwendung gibt, scheint mir rechtlich nicht eindeutig geklärt zu sein (aber ich bin ja kein Jurist ...).

Ebenfalls nicht ganz klar ist mir, ab wann, d.h., unter welchen Voraussetzungen das Schutzgut "Pietätsgefühl" entfällt. Wenn die Einwilligung des Verstorbenen vorliegt? Wenn die Leiche bei der Präparation so verfremdet wurde, dass ihre Individualität nicht mehr erkennbar ist? Wenn es keine Angehörigen (mehr) gibt?

Je öfter ich mich mit dem Thema befasse, desto weniger erschließt sich mir, worin hier eigentlich der "Tabubruch" bestehen soll, der in kritischen Stellungnahmen so oft beschworen, aber selten begründet oder weiter ausgeführt wird. Was bleibt, ist ein ungutes Bauchgefühl (was nicht entscheidend sein kann), der Vorwurf der Kommerzialisierung (der auch viele andere Bereiche trifft) und die nicht ganz ausgeräumten Verdachtsmomente hinsichtlich der Herkunft der Leichen (was aber über die ethische Positionierung bei "korrektem" Verlauf auch nichts aussagt).

Und: Ich mag den von Hagens nicht.

Update, 23.10.2010: Amtsbruder Ralf Peter Reimann von der rheinischen Landeskirche hat zwischenzeitlich das Thema für evangelisch.de kommentiert. Hauptargument seiner Kritik ist im Anschluss an den badischen Landesbischof Fischer, dass "nicht nur den Lebenden, sondern auch den Toten Menschenwürde zukommt". Freilich spart er die Diskussion darüber aus, warum die Plastinate nicht im von Hagens'schen Sinne nur noch anatomische Präparate sein sollen, sondern "mehr". Man wird kaum behaupten können, dass sozusagen allem, was einmal Mensch war, auch nach dem Tod grundsätzlich noch Menschenwürde zukommt. Wie wäre es dann etwa mit der Asche nach der Kremierung? Wo ist die Grenze? Das o.g. Gutachten argumentiert mit der Individualität, der Erkennbarkeit. Ich frage mich, ob sich nicht die Menschenwürde, so sie denn über den Tod hinaus gelten soll, von der Gebundenheit an das Körperliche löst - und nicht vielmehr der Person zukommt, wie sie im Gedenken, in der Erinnerung, quasi als Idee fortbesteht. Dann verletzte etwas, was mit der Leiche geschieht, nur dann die Menschenwürde, insofern es dieses Andenken, also die Integrität der Person post mortem beschädigte.

Oder anders: Wenn wir die Menschenwürde aus der Gottebenbildlichkeit begründen - kann sie dann überhaupt den Toten zukommen? Oder nicht nur den Lebenden, geschaffen als Mann und Frau? Aber verletzt dann vielleicht eine "Totenschändung", was immer man darunter fassen mag, zumindest die Menschenwürde der noch Lebenden? Warum? Warum nicht? Reimann argumentiert im letzten Absatz in eben dieser Richtung: "Die Ehrfurcht vor Toten entspringt jedoch der Achtung vor den Lebenden und dem Leben." Und das erinnert mich wieder an mein Argument von der Bestattung der Toten als einem der Werke der Barmherzigkeit.

Montag, 28. Dezember 2009

Unschuldige Kinder

2008 09-07 09-08 Dänemark 242 Moen, KeldbyImage by Allie_Caulfield via Flickr
Mit vorgehaltenen Gewehren stürmen Soldaten ein Dorf. Frauen und Männer nehmen sie gefangen, die Kinder erschießen sie auf der Stelle. So geschieht es immer wieder auf der Welt – in allen Kriegen und „kriegsähnlichen Zuständen“.

Unschuldige Kinder werden zu Opfern. Nicht nur durch Waffen, auch durch sublimere Gewalt: Millionen haben zu wenig oder zu schlecht zu essen.

So viele waren es vor 2000 Jahren, in Bethlehem, nicht – eher ungefähr ein gutes Dutzend: Knaben unter zwei Jahren, die König Herodes, wie es heißt, zu töten befahl. Im Kirchenkalender steht heute deshalb: der Tag der unschuldigen Kinder.

Ob diese Geschichte historisch ist oder nur eine Legende – Unsere Welt ist eine, in der Kinder umgebracht werden. Und genau in diese Welt schickt Gott seinen Sohn.

Der wird zum Hoffnungszeichen: die Welt muss nicht so bleiben wie sie ist. Wer das Kind in der Krippe in seiner Wehrlosigkeit und Armut sieht, wer ihm nachfolgen, ihm helfen und es schützen will, der muss protestieren gegen Machtgier, Hass und Größenwahn; der muss den Kreislauf der Gewalt durchbrechen. Wo und wie bin ich selbst darin verstrickt? Darüber nachzudenken, dazu ruft uns das Kind auf.

[Dieser Beitrag ist auch als Rundfunkandacht im ProtCast Pfalz zum Hören erschienen]


Montag, 20. Juli 2009

Die Unbarmherzigkeit der "Körperwelten"

Vor einiger Zeit fasste ich hier im Blog diverse kirchliche Stellungnahmen zur "Körperwelten"-Ausstellung von Gunther von Hagens zusammen. Als ich mich kürzlich mit dem Thema "Krankenpflege" auseinandersetzte, wurde ich daran erinnert, dass wie die Krankenpflege so auch die Bestattung von Toten klassischerweise zu den christlichen "Werken der Barmherzigkeit" zählt. Und von daher könnte sich aus christlicher Sicht noch einmal ein neuer Aspekt hinsichtlich der ethischen Beurteilung der "Körperwelten" ergeben:

Tote zu bestatten zählt zu den Werken der Barmherzigkeit. Was bedeutet das im Hinblick auf die "Körperwelten"-Ausstellung eines Gunther von Hagens? Wir verstehen als Christinnen und Christen Nächstenliebe so, dass wir uns selbst noch der Toten erbarmen, die einmal unsere Nächsten waren. Wir überlassen sie - nicht nur aus hygienischen Gründen - nicht einfach sich selbst. Wir begleiten sie noch auf dem letzten Weg, hin zur Umwandlung in Asche und Staub. Und: Wir lassen nicht zu, dass sie zu Sensationsobjekten werden, bewahren die zerfallenden Körper, die einmal lebendige Menschen waren, vor dem lüsternen Auge der Öffentlichkeit.

Das zu tun ist eine Barmherzigkeit. Gilt sie mehr als die "freie Entscheidung" der Körperspender? Ich meine, ja. Denn die Barmherzigkeit, die in der Bestattung der Toten liegt, bezieht sich nicht nur auf die Verstorbenen, sondern auch auf die noch Lebenden. Die festen Formen der Erd- oder Feuerbestattung schaffen Sicherheit im Blick darauf, was mit uns nach dem Tod geschieht - Sicherheit, dass unsere Würde auch im Tod gewahrt bleibt und nicht nachträglich verletzt wird. Wir sind erbarmungswürdige Geschöpfe, denn wir wissen, dass wir sterben müssen. Gott hat sich unser erbarmt - so sollen wir uns auch einander gegenseitig erbarmen.

UPDATE (22.07.09): Eine kritische Rückmeldung bei Twitter veranlasst mich zu einer Ergänzung. Ich wurde auf die im Bremer Dom zu sehenden Mumien hingewiesen. Absicht dieses Hinweises ist offensichtlich, zu belegen, dass die Kirchen - in diesem Fall vertreten durch mich - eben das selbst tun, was sie an den "Körperwelten" kritisieren: Leichen und Leichenteile ausstellen. Meine Antwort lautete, dass ich im Anschluss an meine hier ausgeführten Gedanken konsequenterweise die Ausstellung der Mumien im Bremer Dom für genauso unangemessen halten muss. An den Bremer Mumien sei nichts Unethisches, so kam wiederum die Replik. "Sie stillen die Neugier des Menschen am Tod - und das seit Jahrhunderten." Ganz so einfach ist die Sache freilich nicht, wie etwa Karl-Heinrich von Stülpnagel vom Ägyptologischen Institut der Universität Leipzig in einem Artikel mit dem Titel "Mumien in Museen - ethische Überlegungen" (1998) aufzeigt. Insofern halte ich daran fest, dass aus christlicher Sicht Leichen aller Art zu bestatten sind, sobald sie ihren wissenschaftlichen Zweck erfüllt haben. So wird es in der Regel auch mit Anatomieleichen gehandhabt.

Ich möchte aber sagen, dass ich meine obigen Ausführungen als noch unabgeschlossenen Denkprozess verstehe. Angeregt wurden diese Gedanken eben durch meine (Wieder-)Entdeckung der Totenbestattung als Werk christlicher Barmherzigkeit. In Matthäus 25 sind freilich nur die anderen sechs Werke genannt. Das siebte Werk - die Totenbestattung eben - wurde laut Wikipedia-Artikel (s.o.) erst später hinzugefügt und hat sich etabliert, "obwohl es der Aussage Jesu widerspricht, die Toten sollten die Toten begraben (Mt 8,22)".

Ein anderer Aspekt, der zu diesen Themenbereich gehört, für den ich mich als evangelischer Theologe aber weder zuständig noch ausreichend kompetent fühle, ist die Frage des Umgangs mit Reliquien, vor allem Ganzkörperreliquien. Warum sie nicht bestattet werden (müssen), mögen katholische Theologinnen und Theologen begründen.

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Bücher zur Debatte um die Körperwelten:
 
 

Donnerstag, 23. April 2009

Falsch verstandene Liberalität: Zum Streit um den Religionsunterricht in Berlin

In seinem Beitrag aus der heutigen NZZ zum bevorstehenden Volksentscheid am 26.04. über den Religionsunterricht in Berlin kommt Kommentator Joachim Güntner zu folgendem Schluss:
Siegt hingegen die Initiative mit ihrem Verlangen nach einem «Wahlpflichtbereich Ethik/Religion», dann hat sie eine Gleichbehandlung beider Fächer erreicht, die das verfassungsmässige Recht, dem Religionsunterricht fernzubleiben, fast völlig verblassen lässt. Es ist, als machte «Pro Reli» aus dem als Bevormundung beschimpften «Zwangsfach Ethik» einfach ein um die Religion erweitertes Doppel-Zwangsfach. Liberal wirkt auch das nicht.
Dieses Fazit halte ich für großen Unsinn. Was wäre die Konsequenz der mit den letzten beiden Sätzen im Prinzip geforderten völligen Liberalität? Eigentlich doch dies, dass die Schülerinnen und Schüler entscheiden können sollten, sowohl Religion als auch Ethik abzuwählen. Das aber kann in niemandes Sinne sein. Wie Theologieprofessor Rolf Schieder schon gestern in der F.A.Z. auf S.11 schrieb: "[D]er Zwang zur Wahl [ist] die Bedingung der Möglichkeit von Freiheit".

Auch lässt die "Gleichbehandlung beider Fächer" eben gerade nicht "das verfassungsmäßige Recht, dem Religionsunterricht fernzubleiben, fast völlig verblassen". Es ist vielmehr umgekehrt so, dass die bisherige Berliner Sonderregelung eines Pflichtfachs Ethik das verfassungsmäßige Recht, am Religionsunterricht teilzunehmen, verblassen lässt! Denn Religionsfreiheit bedeutet nicht nur Freiheit von der Religion, sondern vor allem auch Freiheit zur Religion.

Ceterum censeo, dass das Bundesverfassungsgericht baldmöglichst und endlich und endgültig einmal über die Frage der Anwendbarkeit der Bremer Klausel entscheiden sollte.

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Donnerstag, 16. April 2009

Zur ethischen Beurteilung der "Körperwelten"-Ausstellung von Gunther von Hagens

Seit 10. Januar ist die neu konzipierte "Körperwelten"-Ausstellung von Plastinator Gunther von Hagens in Heidelberg zu sehen. Wenn sie nicht verlängert wird, läuft sie noch bis zum 26. April, also noch anderthalb Wochen. Kurz vor der Ausstellungseröffnung Anfang Januar hatte ich begonnen, kirchliche Stellungnahmen aus den vergangenen Jahren zusammenzustellen, um für dieses Blog eine grundsätzliche ethische Beurteilung zu verfassen. Die Stofffülle wuchs jedoch rasch sehr stark an, und das Thema erwies sich als komplexer als gedacht, so dass ich dieses Vorhaben - auch aus Zeitgründen - nicht umsetzen konnte. Im Folgenden veröffentliche ich nun die halbwegs geschlossenen, im Ganzen aber doch Fragment gebliebenen Teile meiner Beschäftigung mit dem Thema.

Mannheim 1997: Grobe Geschmacklosigkeit und Verletzung der Menschenwürde
Laut einem epd-Artikel vom 28.10.1997 kritisierten evangelische und katholische Kirche damals die Ausstellung als "grobe Geschmacklosigkeit" und Verletzung der Menschenwürde, die nicht mit dem Tod ende. In einem gemeinsamen Brief an führende Politiker des Landes und der Stadt bemängelten die Mannheimer Kirchen, dass Verstorbene zu Ausstellungsstücken degradiert und das neugierige Betrachten präparierter toter Menschen zu einem Kulturereignis stilisiert werde. Die Ausstellung trage zum Verfall sittlicher Werte in unserer Gesellschaft bei. Des Weiteren wurde damals die Befürchtung geäußert, die "Ehrfurcht vor dem Leben" könne Schaden nehmen. Und es wurde festgehalten, dass die Kirchen nichts gegen die Verwendung von präparierten Leichen zu wissenschaftlichen Zwecken haben.

Von Hagens: Spender haben eingewilligt - ekelfreie Anatomie
Gegen den Vorwurf, seine Ausstellung verletze die Menschenwürde, verteidigte sich von Hagens damals mit den Argumenten:
  • Die Spender hätten zu Lebzeiten schriftlich eingewilligt
  • Die Spender blieben anonym
  • Die Spender seien nicht mehr "Objekt von Trauer"
Außerdem hätten ihm zwei Christinnen ihre Körper mit der Begründung überlassen, sie würden in einem neuen Leib auferweckt werden.
Damals argumentierte von Hagens, das "Unangenehme des Sterbens und der Verwesung" werde nicht gezeigt. Die Präparate seien trocken, fest und geruchsfrei. Sie seien so vom Ekel befreit, und Laien könnten sich ohne Abscheu mit der Anatomie befassen.

Mehr Tabubruch als wissenschaftliche Aufklärung? - "Staunen über die Schöpfung"
Der heutige badische Landesbischof und damalige Mannheimer Dekan Ulrich Fischer bewertete die Ausstellung laut epd vom 21.11.1997 als Tabubruch, der den christlich-jüdischen Wertekonsens in Frage stelle. Menschen würden nach ihrem Tod zu Kunstwerken verarbeitet. Damit habe die Ausstellung etwas "Sensationelles, Voyeuristisches", das mit wissenschaftlicher Aufklärung nichts mehr zu tun habe. Der Plastinator mache sich selbst zum Schöpfer. Angesichts vieler positiver Besucherreaktionen räumte Fischer damals ein, die Schau könne durchaus ein "Staunen über die Schöpfung" hervorrufen; der Preis dafür sei jedoch zu hoch. Anfang 1998 verschärfte Fischer seine Kritik noch mit Blick auf einzelne Exponate, die seiner Ansicht nach keinen wissenschaftlichen Zweck verfolgten, sondern nur sensationell oder ästhetisch wirken sollten.

Mit guten Sitten unvereinbar
Selbst der Direktor des Pathologischen Instituts am Mannheimer Uni-Klinikum, Uwe Bleyl, äußerte sich 1997 kritisch über die Ganzkörperpräparate. Der Plastinator habe hier die Organe um der eigenen Kreativität und der künstlerischen Intention willen benutzt. Das sei mit den guten Sitten unvereinbar und ethisch nicht vertretbar.

Berlin 2001: Pietätlos und anstößig - Verletzung der Totenruhe
Auch 2001 in Berlin reagierten die Kirchen vor Ort mit heftiger Kritik: Die Art der öffentlichen Darstellung menschlicher Leichen sei pietätlos und anstößig, äußerte sich damals der Rektor der Katholischen Akademie, Ernst Pulsfort. Vor allem wolle von Hagens die Plastinate auch als Kunstwerke verstanden wissen, die am "Tabu des Todes" rühren. Die Ausstellung breche jedoch nicht das Tabu des Todes, sondern das der Totenruhe. Mit der Anonymisierung und Verfremdung nehme von Hagens den Leichen ihre Biografie und Individualität. Mit der Konservierung habe der Anatom den Leichen außerdem das elementare Recht jedes Menschen geraubt, nach dem Tod einen letzten Ort der Ruhe zu finden. Diesem Argument kann ich (A.E.) nicht ganz folgen. So handelte sich denn Pulsfort auch umgekehrt heftige Kritik des Bundesverbands der Körperspender ein: das damals geplante Requiem in Berlin zeuge von Bevormundung, einer "arroganten Geringschätzung" der individuellen Wahl der Bestattungsform, und unterstelle Körperspendern unmoralisches Verhalten und Gedankenlosigkeit.

Blickverengung auf rein materielle Körperlichkeit - Wo bleibt die Seele?
In seiner Predigt argumentierte Pulsfort, das "Schockierende und Abstoßende" der Ausstellung "Körperwelten" bestehe darin, dass sie keine Kritik ertrage und sich auf das Argument der Freiheit der Kunst und Aufklärung zurückziehe. Dabei verenge sie den Blick auf die rein materielle Körperlichkeit, die "in Szene gesetzt, ästhetisiert und verherrlicht" werde. Von der Seele sei da nicht die Rede. Weiter bestehe die Faszination des Echten nicht darin, echten Toten ins Gesicht zu schauen, sondern das Leben in Würde zu bewältigen und nicht zu verachten.

Huber: Zeitliches Leben ist zu unterscheiden vom ewigen Leben
Schon am 18. Januar 2001 äußerte sich der Berliner Bischof (und spätere EKD-Ratsvorsitzende) Wolfgang Huber in seiner Predigt im Berliner Dom kritisch: "Wir brauchen auch ein Verhältnis zur eigenen Endlichkeit. Wir laufen in die Irre, wenn wir unser zeitliches Leben nicht mehr unterscheiden können vom ewigen Leben; die Ausstellung 'Körperwelten' wird hier in Berlin diesen Irrtum demnächst demonstrieren. Wir finden uns in unserer Welt nicht zurecht, wenn wir nicht über diese Welt hinausblicken. Wir verstehen uns als Menschen falsch, wenn wir Gott als unser Gegenüber aus dem Blick verlieren."

Verzicht auf Hoffnung über den Tod hinaus
Im Mai erneuerte Huber bei einer Veranstaltung der Evangelischen und der Katholischen Akademie seine Kritik an der "Körperwelten"-Ausstellung. Die Präsentation von dauerhaft konservierten anonymen Leichnamen spiegele einen gesellschaftlichen Wandel im Umgang mit dem Tod wider. Darin komme wie bei anonymen Bestattungen ein Verzicht auf die christliche Hoffnung auf Erlösung "über den Tod hinaus" zum Ausdruck.

Zweifelhafter Bildungswert der "Körperwelten"
Auch der Bildungswert der "Körperwelten"-Ausstellung ist bezweifelt worden. So urteilte 2001 der Direktor des Medizinhistorischen Museums in Berlin, Thomas Schnalke, die Ausstellung schöpfe ihr Potenzial zur Vermittlung anatomischer Kenntnisse an Hand der plastinierten Leichname bei weitem nicht aus.

Gutachten 2003: Menschenwürde bleibt gewahrt
Im Prinzip stimme ich (A.E.) eigentlich dem 2003 erstellten Gutachten des Mainzer Staatsrechtsprofessors Friedhelm Hufen zugunsten Gunther von Hagens' zu (epd 12.2.03-07), wonach die Menschenwürde erst verletzt wäre, wenn die Körper verächtlich gemacht oder erniedrigt würden. Das sei aber erkennbar nicht der Fall. Ich denke an die Diskussion auf WKW über den verhungernden, aber noch lebendig im Rahmen einer Kunstaktion ausgestellten Straßenhund. Tierliebhabern und -schützern war ganz offensichtlich, dass dies die Würde des Tieres verletzte, das unfreiwillig zum Objekt gemacht wurde.

Bleibt aber umgekehrt die Menschenwürde gewahrt, wenn der Mensch vor seinem Tod frei über die Verwendung seines Körpers für wissenschaftliche Zwecke und/oder Ausstellungsstück entschieden hat? Laut Gutachten hängt die Menschenwürde nicht nur an der freien Entscheidung des Körperspenders, sondern auch an der Art und Weise der "Verwendung" des Körpers nach seinem Tod - es besteht die Möglichkeit, dass sie verächtlich gemacht oder erniedrigt werden.

Freie Entscheidung des Einzelnen gewährleistet noch nicht Wahrung der Menschenwürde
Der amtierende Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble formulierte 2001 in der Oktober-Ausgabe des Magazins "Zeitzeichen" in anderem Zusammenhang, nämlich zur Frage der Menschenwürde in den Medien: "Verletzung der Menschenwürde kann auch nicht durch Einwilligung gerechtfertigt werden, weil sie der Verfügung des Einzelnen entzogen bleiben muss. Anderenfalls wäre sie nicht im Sinne von Artikel I Grundgesetz unantastbar." (S. 33)

Bedeutet das aber nicht einen inneren Widerspruch? Die Körperspender glauben, durch ihre freie Entscheidung für die Spende ihre Würde wahren zu können - letztlich übertragen sie die Verantwortung dafür jedoch in andere Hände und können sich nicht sicher sein, was mit ihrem Körper geschieht. Bezogen auf "Körperwelten" haben sie, so weit ich informiert bin, nicht einmal die Möglichkeit, Wünsche zu den Posen zu äußern, in die sie später gebracht werden.

Insofern bietet einzig und allein eine traditionelle Form der Bestattung Sicherheit darüber, dass die Menschenwürde gewahrt bleibt - indem der Körper in Erde und Asche und Staub übergeht.

Von Hagens verzettelt sich
Wie sich von Hagens in seinen eigenen Aussagen selbst verzettelt, geht sehr schön aus einer epd-Meldung vom 15. Januar 2004 hervor. Von Hagens reagiert auf die Kritik der Kirchen anlässlich der "Körperwelten"-Eröffnung in Frankfurt am Main. Zuerst zieht er sich auf das Argument zurück, das ihm Staatsrechtsprofessor Hufen 2003 in seinem Gutachten geliefert hat: Bei den gezeigten Körpern handle es sich nicht um Leichen, sondern um anatomische Präparate. Folglich könne die Schau auch nicht die Menschenwürde verletzen oder die Totenruhe missachten. So weit, so fadenscheinig. Dann aber versteigt er sich zu einem Seitenhieb gegen die Kirchen: Deren Kritik sei wohl darauf zurückzuführen, dass er mit der Plastinationstechnik am "Bestattungsmonopol der Kirchen kratze". Die Plastination sei nichts anderes als eine neue Form der Bestattung. Ja, was denn nun, Herr von Hagens? Sind es also doch Leichen? Oder seit wann bestattet man anatomische Präparate?

Ich vermute ja, dass der Plastinator sich mit diesen Argumentationen nur gegen die Gefahr absichern will, die teuer präparierten Körper doch irgendwann bestatten lassen zu müssen. Denn das geschieht üblicherweise sowohl mit Leichen von Organspendern wie auch mit Anatomieleichen.

Kritik 2009

Auch die 2009er Ausstellung hat wieder Kritik seitens der Kirchen hervorgerufen. Wirklich neue Argumente sind dabei nach meinem Eindruck aber nicht formuliert worden:

EKD-Kirchenamtspräsident kritisiert "Körperwelten"-Ausstellung
Kirche kritisiert Körperwelten-Ausstellung
Der Menschenwürde nicht gerecht - Kirche kritisiert Körperwelten-Ausstellung

UPDATE: Fortsetzung der Debatte
Ich habe am 20. Juli 2009 hier im Blog unter dem Titel "Die Unbarmherzigkeit der Körperwelten" eine weitere Überlegung angefügt, an der sich eine kleine Diskussion im Kommentarbereich entzündete.

Bücher zur Debatte um die Körperwelten:

Dienstag, 23. September 2008

"Welche Werte braucht das Land?" - 700 Pfarrerinnen und Pfarrer diskutieren in Speyer

Seit gestern findet in Speyer der 70. Deutsche Pfarrerinnen- und Pfarrertag statt. 700 evangelische Geistliche sind dazu aus ganz Deutschland und den europäischen Nachbarkirchen angereist.

Boah, 700 Pfarrer auf einem Haufen, werden die einen sagen, das hält ja kein Schwein aus! Andere sehen es vielleicht positiv: Da muss Speyer ja direkt in den Himmel fliegen!

Scherz beiseite: Der Schwerpunkttag heute steht unter dem Motto „Was du nicht willst, das man dir tu“, und die Pfarrerinnen und Pfarrer diskutieren dabei die Frage „Welche Werte braucht das Land?“ Die Kirchen sind hier gefragt, denn kaum läuft etwas schief in der Gesellschaft, bleibt jemand auf der Strecke im undurchsichtigen Auf und Ab von Geldwirtschaft und Arbeitsmarkt, sollen sie es richten mit ihrer frohen Botschaft und diakonischem Handeln.

Das tun die Kirchen auch. Aber mit der Frage „Welche Werte braucht das Land?“ wollen die Pfarrer in Speyer deutlich machen: Es reicht nicht, wenn diese Aufgabe nur den Kirchen zugeschoben wird. Es ist eine Frage, die die gesamte Gesellschaft, die alle angeht.

Und letztlich kann es dann nicht genügen, nur zu sagen: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg‘ auch keinem anderen zu.“ Also: "Ich tu dir nix Böses, tu du mir auch nix Böses." Und damit hat es sich.

Die original „Goldene Regel“, wie sie Jesus in der Bergpredigt formuliert hat, lautet entscheidend anders: "Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!" (Mt 7,12). Handle an anderen Menschen so, wie Du auch von ihnen behandelt werden möchtest. Es geht darum, aktiv Gutes zu tun, nicht nur, nichts Böses zu tun. Das ist viel schwieriger. Aber nur das ist der Weg zu einem besseren Umgang miteinander. Machen wir aus der "Goldenen Regel" kein Blech.

Freitag, 8. August 2008

Ist der Hund wirklich verhungert? - Die Debatte bei WKW, die Forderung nach Vergeltung, der Mensch als Ebenbild Gottes, und ein vorläufiger Abschluss des Ganzen

Mein Blogeintrag vom vergangenen Montag "Ist der Hund wirklich verhungert?", auf den ich im Diskussionsforum der besagten WKW-Gruppe hinwies, hat dort einige Reaktionen hervorgerufen. Freilich konzentrierte sich diese Debatte - ausgelöst natürlich durch die zugespitzte Überschrift - auf die Frage bzw. Behauptung, es sei nicht entscheidend, ob der Hund wirklich verhungerte oder nicht. Verwerflich sei vielmehr grundsätzlich, dass ein Lebewesen zum Kunstobjekt gemacht worden sei, zudem ein offensichtlich leidendes, dass außerdem viele Menschen daneben standen und nichts unternahmen, um dem Tier zu helfen - und dass die Aktion auch noch wiederholt werden soll (wobei zumindest Letzteres wohl inzwischen vom Tisch ist, wenn es denn überhaupt jemals drauf war...). Viel Zustimmung erfuhr der Satz, der in diesem Zusammenhang auf mehreren Webseiten zu lesen ist: "Wenn der Tod Kunst ist, ist die Kunst tot."

Ich habe Advocatus diaboli gespielt und die folgenden Thesen und Fragen formuliert:
  1. "Übrigens war der Tod schon immer Thema der Kunst. Ihn davon ausschließen zu wollen, würde ihn noch stärker tabuisieren als er es heutzutage ohnehin schon ist."
  2. "Wie ist es denn mit Fotografien aus Kriegsgebieten, von Flüchtlingen, von Erdbebenopfern etc.? Die 'besten' Pressefotografien werden regelmäßig gekürt. Damit stellen sie aber ebenfalls eine Kunstform dar. Sind diese Fotografen auch 'Ärsche', weil sie 'nur fotografiert' und nicht geholfen haben?"
  3. "Mal angenommen, das einzige, was wir wirklich gesichert sagen können, ist, dass hier ein lebender Hund zum Kunstobjekt gemacht wurde (nicht sicher ist, unter welchen Umständen, und mit welchem Ende) - müssten dann nicht alle diejenigen, die den Künstler allein schon aufgrund dieser Tatsache verurteilen, auch fordern:
    • Kein Tier darf mehr in einem Film mitspielen?
    • Keines in einem Zoo zu sehen sein?
    • Keines im Zirkus Kunststücke zeigen?
    • Keines bei Sportarten zum Einsatz kommen?
    • Genau genommen auch keines im Aquarium oder Käfig bei irgendjemandem zu Hause herumstehen, nur zum Anschauen und Ergötzen, vielleicht noch zum Spielen?"
In einer recht emotionalen Reaktion wurde Kriegs- und Katastrophenfotografen immerhin zugestanden, dass sie mutig sind und wichtige Arbeit tun, um diese Notlagen bekannt zu machen. Der Beweggrund dahinter dürfe aber nicht Geldgeilheit sein. In Zoo und Zirkus dürften derselben Schreiberin zufolge Tiere in der Tat nicht gehalten werden - obwohl zumindest für den Zoo auch positive Aspekte geltend gemacht werden könnten, dass nämlich beispielsweise schwache Tiere dort wieder zu Kräften gebracht sowie Nachzüchtungen für vom Aussterben bedrohte finanziert werden könnten. In Bezug auf Haustiere kam der berechtigte Hinweis, dass viele schon so an den Menschen gewöhnt seien (zumal wenn sie von Geburt an in der Menschenfamilie sind), dass sie kaum ausgewildert werden könnten. Allerdings könnte man hier einwenden, dass dies ja ebenfalls eine von Menschen geschaffene, unnatürliche Situation ist. Auf das Filmverbot für Tiere kam bislang keine Reaktion, obwohl (oder gerade deswegen, weil) diese Forderung der Situation der Kunstausstellung noch am vergleichbarsten ist.

Mehrere Äußerungen gehen dahin, dass der Künstler sein im Nachhinein selbst formuliertes Ziel tatsächlich erreicht habe, nämlich auf die Gleichgültigkeit der Menschen hinzuweisen: "Wenn ich den Hund als Kunstobjekt vor eine Wand binde, wird er plötzlich zum Fokus. Wenn er in der Straße vor Hunger stirbt, kümmert das keinen." Seine Vorgehensweise wird indes nach wie vor scharf kritisiert.

Manche Mitglieder der WKW-Gruppe vergreifen sich hinsichtlich der Person des Künstlers Guillermo Vargas heftigst im Tonfall. Ich wies schon in meinem ersten Blog-Eintrag zu diesem Thema auf die Morddrohungen gegen ihn hin. Bei WKW fallen Formulierungen wie "Hurensohn", "Monster", "Drecksau", "der gehört zurückgefickt und abgetrieben". Leider blieb auch die durch meinen Eintrag angeregte Debatte von solchen Äußerungen nicht verschont:
"Herzloses Subjekt"

"alder der soll sich selbst an de strick binden und verhungern und verdursten... (...)
so behinderte leute...die einfach nur übelst krank im kopf sind (...)
Und leute die dahin gehen und nix dagegen machen sind genau so assi behindert"

"dann gehört es diesem etwas von Lebewesen (denn der ist kein Mensch, und
schon gar kein Tier, Tiere foltern sich nicht gegenseitig!) nicht anders als dem armen
Hund. Würde bestimmt toll aussehen, den Kerl an der Leine, kurz vorm verhungern anzugaffen...so
wie ich mich kenne würde ich ihm dennoch ein Teller mit Essen zuschieben, aber erst
nachdem ich ihn eine Weile in seiner Strafe begutachtet hätte!"
Abgesehen von dem menschenverachtenden Gebrauch des Begriffes "behindert" als Schimpfwort, der unter Jugendlichen schockierenderweise immer noch (oder wieder?) angesagt zu sein scheint, entsprechen diese Äußerungen klar dem Wunsch, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Mehr noch, man will sich, um dem eigenen Gerechtigkeitsempfinden Genüge zu tun, auch noch an dem Leiden des Künstlers ergötzen. Diesem werden Menschenrecht und Menschenwürde abgesprochen.

Selten ist mir so klar geworden, warum Jesu Forderung der Feindesliebe so bedeutsam ist: Weil keinem Menschen, auch nicht dem ärgsten Feind, dieses Recht und diese Würde abgesprochen werden dürfen. Tun wir dies und behandeln einen anderen Menschen nicht mehr als Menschen, dann verlieren wir selbst ebendiese Würde.

Und wenn ich jetzt auf die Gottebenbildlichkeit des Menschen hinweise, dann weiß ich schon, dass das vielen Mitgliedern der WKW-Gruppe nicht gefallen wird. Dass der Mensch Ebenbild Gottes sei (1. Mose 1,27), diese Lehre ist zu oft dazu missbraucht worden, sich über den Rest der Schöpfung zu erheben und Leid über sie zu bringen. Absurderweise, denn eigentlich sollte sie genau das Gegenteil bewirken: Der Mensch als Frau und Mann ist Ebenbild Gottes. D.h. er war es vor dem mythologischen Sündenfall. Heute, in der unerlösten Welt, hat er diese Ebenbildlichkeit verloren, sie ist zerbrochen, scheint nur in Fragmenten auf. Die Gottebenbildlichkeit ist seine Bestimmung, das, wie der Mensch von Gott her ursprünglich gedacht ist, wie er sein soll. Weil Gott der Schöpfer ist, der Grund allen Seins, die Liebe selbst, kann das Leiden von Schöpfung und Geschöpfen nicht in seinem Sinne sein. Je mehr der Mensch zum Leid anderer Teile der Schöpfung beiträgt, umso mehr zersplittert seine Gottebenbildlichkeit. Lebt er im Einklang mit der Schöpfung und lindert er Leid, so kommt er seiner Bestimmung, Gottes Ebenbild zu sein, näher. In diesem Sinne ist der Künstler genauso Gottes Ebenbild wie ich und jeder andere Mensch. Niemand hat das Recht, ihm dies abzusprechen. Der Mensch hat die Definitionsgewalt über die Natur: 1. Mose 2,19: "... denn wie der Mensch jedes Tier nennen würde, so sollte es heißen." Aber er hat nicht das Recht zu bestimmen, wer Mensch ist und wer nicht.

Dennoch bin ich insgesamt aufgrund dieser Debatte mittlerweile der WKW-Gruppe gegenüber versöhnlicher gestimmt. Es ist deutlich geworden, dass es doch Einzelpersonen gab - wenn auch angesichts von 44 000 Gruppenmitgliedern wohl nur eine kleine Minderheit -, die den Versuch unternommen haben, Details des Vorfalls zu recherchieren und zu rekonstruieren. Es sind Personen in der Debatte in Erscheinung getreten, die nicht nur Online-Petitionen unterschreiben, deren Nutzen zumindest zweifelhaft ist, sondern die im Fall der Fälle in ihren engen Möglichkeitsgrenzen tun, was sie können, um tierisches Leid (auch menschliches?) zu lindern: Beispielsweise eine Igelfamilie wieder aufpäppeln oder einen Streuner aus Italien mit nach Hause nehmen, entgegen tierärztlicher Prognose dessen Überleben sichern, um nun bereits vier Jahre den "dankbarsten und tollsten Hund der Welt" als Familienmitglied zu haben. Dass Letzteres sehr wahrscheinlich illegal und möglicherweise aufgrund von Krankheitsgefahr leichtsinnig gewesen ist, steht auf einem anderen Blatt - mir geht es in der positiven Würdigung hier um die Tatsache, dass ein Mensch sich durch den Anblick eines leidenden Mitgeschöpfs zum Handeln herausgefordert gesehen hat.

Das Problem der Straßenhunde ist ein sehr schwierig zu lösendes und stellt tierliebende Privatpersonen vor ein Dilemma: Man mag sich moralisch verpflichtet fühlen, ein hungerndes Tier zu füttern und so sein Leid zu lindern. Allerdings trägt man auf diese Weise dazu bei, dass sich die Hunde weiter vermehren und es im Endeffekt noch mehr hungernde Tiere gibt. Sehr eindrücklich fand ich diese Reportage über die Situation in der rumänischen Hauptstadt Bukarest: In dieser Stadt herrscht Krieg - Seit Jahren versucht die Bukarester Verwaltung erfolglos, eine Lösung für die Straßenhunde zu finden.

Ich will zum Schluss noch einmal auf die Absicht zurückkommen, die ich mit meiner Diskussionsanregung ursprünglich verfolgte. Ich fand meinen Standpunkt beim erneuten Herumrecherchieren zum Thema auf den folgenden Seiten von anderen Netizens sehr eindrücklich und pointiert formuliert, und das bereits vor Monaten. Ich lasse sie mit ihren Worten hier quasi für mich sprechen, um das Thema von meiner Seite damit - zumindest vorerst - abzuschließen.

"Die Aufregung zeigt einfach einmal mehr, dass viele Leute geneigt sind, (fast) alles zu glauben, was in dieser Art (massenhafte Verbreitung nicht überprüfter Informationen, Unterschriftensammlung) übers Internet verbreitet wird. Vor allem wenn es um Kinder und Tiere geht - da setzt bei manchem der "Wie schrecklich"-Reflex ein, der dann in hektischem Aktivismus endet. Dabei raus kommt dann eine Unterschriftensammlung, ein Massenmail oder eben solche Aufrufe in Foren.
(...) Was ich aus der Geschichte in jedem Fall lerne, ist noch weniger einfach zu glauben und mehr zu hinterfragen. Wenn man nämlich genauer drüber nachdenkt, kann man schon drauf kommen, dass da wahrscheinlich etwas nicht stimmt. (...)
Und zum Schluss: Ich bin nicht der Meinung, dass es legitim ist, leidende Wesen, die ihren Willen nicht äussern können, als Kunstobjekte zu missbrauchen. Ich bin überzeugt, dass es dem Habacuc nur darum ging, bekannt zu werden, und zwar auf Kosten einer unschuldigen Kreatur. Das ist moralisch zu verurteilen. Aber einen Grund zur Aufregung finde ich das jetzt nicht - schon nur aus Gründen der Fairness gegenüber den Wesen, für die sich niemand entrüstet, weil sie keine Plattform wie Habacucs Hund erhalten.
Abgesehen davon: Wenn jeder, der die Petition unterschrieb stattdessen 5 Euro an den Tierschutz gespendet hätte - ja dann hätte man vielleicht wirklich was Gutes aus der allgemeinen Entrüstung machen können... Das ist jetzt aber auf niemanden aus diesem Forum gemünzt - ich weiss, dass es hier Leute gibt, die sich stark für den Tierschutz engagieren und sich nicht nur darauf beschränken, Petitionen zu unterschreiben! Aber ich habe - wie man sicher gemerkt hat - ein Problem mit diesem organisierten Entsetzen was diesen Hund und andere, ähnlich gelagerte Fälle angeht."
- Ein weiterer Beitrag von Alfa Romea spricht einen zusätzlichen, auch aus meiner Sicht nicht unwichtigen Punkt an:
"Ich wünsche mir einfach einen etwas kritischeren Umgang mit solchen Aktionen. Der Hintergrund dieses Wunsches ist der, dass gerade mit Not und Elend extrem viel Schindluder getrieben wird, und das bringt mich wirklich auf die Palme. In diesem Fall ist es jetzt nur eine "harmlose" Unterschrift - in einem nächsten Fall wird dann vielleicht Geld gesammelt, so im Stile von "wenn jeder nur einen Euro zahlt" etc. Und wohin das Geld dann verschwindet, wird in vielen Fällen nicht kontrolliert. Und es gibt genug Schafe (= unkritische Leute) die blökend dem Leithammel (= Spendensammler) hinterherrennen, wenn dessen Story nur fies genug ist.
Eine Petition zu unterschreiben und dabei zB eine E-Mail-Adresse zu hinterlassen kann übrigens für den Unterschriftensammler auch gewinnbringend sein: Indem er die gesammelten Mail-Adressen an Spammer verkauft. Ich behaupte nicht, dass es im vorliegenden Fall so ist. Das mag alles tatsächlich extrem harmlos und nur für den guten Zweck sein. Aber wer von euch hat denn mal nachgesehen, wer genau hinter der Aktion steckt, woher die Leute kommen und was sie sonst noch so treiben?"
- Ein Beitrag auf Wunsch-Hund.de befasst sich schließlich mit dem Problem, dass wir auf dramatische Einzelfälle gerne heftig und aktionistisch reagieren, darüber aber die große Masse der Leidenden und die Möglichkeiten für langfristige Hilfe gerne außer Acht lassen:
"unabhängig von der Frage, was Kunst darf und ob man mit öffentlich gemachter Grausamkeit und zur Schau gestellter Gleichgültigkeit nicht falsche Signale setzt: Täglich sterben unzählige Tiere unter ähnlichen Bedingungen, täglich sterben vor allem auch unzählige Menschen unter ähnlichen Bedingungen. Bekommt ein Einzelfall ein Gesicht und vor allem einen konkreten "Schuldigen", kann man leicht Tierschutz fordern. Man hat das Gefühl, etwas tun zu können und sich hinterher besser zu fühlen.
Für die Massen an No Names, die solch ein Schicksal erleiden, hat unser Bewusstsein keine Lösungsmöglichkeit und deshalb blenden wir das generelle Thema lieber aus. Jeder erinnerte sich (zumindest eine Zeit lang) an den Namen Darfur und die dortige Hungerkatastrophe, weil es erbarmungswürdige Bilder wochenlang in den Nachrichten zu sehen gab. In den Monaten und Jahren zuvor, als die Menschen dort ohne Nachrichten-Aufmerksamkeit litten, waren sie für uns unsichtbar.
Gib einem Drama die entsprechenden Bilder oder einen herausgehobenen Einzelfall wie diesen Hund ohne Futter verenden zu lassen - dann wird es sichtbar und das schlechte Gewissen holt uns ein, weil es uns gut geht. Und weil wir uns leicht auf die scheinbar richtige Seite stellen können und uns hinterher etwas besser fühlen. Aktiver Tierschutz oder langfristig angelegte Entwicklungshilfe ist dagegen immer im Dienst, auch wenn keiner hinguckt. Zeit, den eigenen Geldbeutel oder noch besser das konkrete eigene soziale Engagement ins Spiel zu bringen. Der beste Zeitpunkt dafür ist, wenn man sich gerade (gerne auch zurecht) über ein konkretes Drama aufregt. Stellvertretend für viele Organisationen, die sich neben Hunden auch um das Wohl aller anderen Tiere kümmern, deshalb hier der Link zum deutschen Tierschutzbund."