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Freitag, 18. April 2014

Gott ist tot - Der Tod ist tot

„Gott ist tot!“ Diesen provokativen Satz ließ einst der Philosoph Friedrich Nietzsche seinen „tollen Menschen“ ausrufen: „Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet.“ Oft ist das gläubigen Menschen seitdem entgegen gehalten worden.

Dabei gehört das für Christen ohnehin zum Kern ihres Glaubens. Ja, Jesus leidet und stirbt den Foltertod am Kreuz, das ist das Eine, das ist das Grunddatum für den heutigen Feiertag, den Karfreitag.

Donnerstag, 17. April 2014

Gründonnerstag: Abschied nehmen.

 „Und ich wollte noch Abschied nehmen“, heißt eine Zeile aus einem Song von Xavier Naidoo. „Und ich wollte noch Abschied nehmen, das werd ich mir nie vergeben. Mann, wie konntest du von uns gehen? Jetzt soll ich dich nie mehr sehen.“

„Nie mehr“: es geht um mehr als ein „Auf Wiedersehen“, „Bis bald“. Dieser Abschied ist ein Abschied für immer: der Abschied, den man nehmen muss, wenn ein geliebter Mensch stirbt.

Sonntag, 24. Februar 2013

Immer erst, wenn's zu spät ist. - Predigt am Sonntag Reminiszere, 24.02.2013

[gehalten in der Protestantischen Kirche Neuhofen]
Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Ich gehe hinweg, und ihr werdet mich suchen und in eurer Sünde sterben. Wo ich hingehe, da könnt ihr nicht hinkommen. Da sprachen die Juden: Will er sich denn selbst töten, dass er sagt: Wohin ich gehe, da könnt ihr nicht hinkommen? Und er sprach zu ihnen: Ihr seid von unten her, ich bin von oben her; ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt. Darum habe ich euch gesagt, dass ihr sterben werdet in euren Sünden; denn wenn ihr nicht glaubt, dass ich es bin, werdet ihr sterben in euren Sünden. Da fragten sie ihn: Wer bist du denn? Und Jesus sprach zu ihnen: Zuerst das, was ich euch auch sage. Ich habe viel von euch zu reden und zu richten. Aber] der mich gesandt hat, ist wahrhaftig, und was ich von ihm gehört habe, das rede ich zu der Welt. Sie verstanden aber nicht, dass er zu ihnen vom Vater sprach. Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr den Menschensohn erhöhen werdet, dann werdet ihr erkennen, dass ich es bin und nichts von mir selber tue, sondern, wie mich der Vater gelehrt hat, so rede ich. Und der mich gesandt hat, ist mit mir. Er lässt mich nicht allein; denn ich tue allezeit, was ihm gefällt. Als er das sagte, glaubten viele an ihn.
Joh 8, 21-30


Liebe Gemeinde,

ein mühsames Gespräch führt Jesus da: Viel Mühe hat er damit. Wenig Samen kann er säen. Auch wenn es am Ende heißt: "Als er das sagte, glaubten viele an ihn." Aber die mühsamen Gespräche sind noch nicht am Ende. Und es zeigt sich: Mit dem Glauben der Vielen ist es doch nicht so weit her. Am Ende dieses Kapitels im Johannesevangelium heben sie sogar "Steine auf, um auf ihn zu werfen" (Joh 8, 59).

Dienstag, 2. Oktober 2012

Irrational: Immer noch kein Organspenderausweis


Ich habe noch immer keinen Organspenderausweis. Dabei ist es nicht so, dass ich das für mich bereits entschieden

Montag, 1. Oktober 2012

Sonntag, 11. März 2012

Zweierlei Erdbeben

Heute vor einem Jahr bebte vor der Ostküste Japans die Erde,  unter dem Meer, stärker als jemals zuvor. Die Folgen sind bekannt: Mehrere Atomkraftwerke geraten außer Kontrolle. Zehntausende Menschen müssen daraufhin ihre Häuser verlassen. Vor allem aber überschwemmt eine gewaltige Flutwelle die Region. Fast 20 000 Menschen sterben im Tsunami, Hunderttausende werden obdachlos.

Ich finde es wichtig, sich heute, wenigstens heute, daran zu erinnern. Denn meistens geraten doch die menschlichen Tragödien hinter der Katastrophe in Vergessenheit, sobald die Schlagzeilen verebben. Anderes tritt in den Vordergrund, schließlich ist diese Region nicht die einzige, wo etwas geschieht, sei es Gutes oder Schlimmes. Aber immer noch haben Hunderttausende mit den Folgen des Bebens in Japan zu kämpfen.

Mit dieser Erinnerung blicke ich voraus auf das Ende der Passionszeit, auf Ostern, das Fest der Auferstehung Jesu. Im Matthäus-Evangelium steht ein Hinweis, der vor lauter Osterfreude gerne überlesen wird. Als die Frauen kommen, um nach dem Grab Jesu zu sehen, heißt es doch tatsächlich: „Es geschah ein großes Erdbeben.“ Wie nebenbei steht dieser Satz da, als habe dieses Beben gar keine verhängnisvollen Folgen gehabt.

Ein Beben kommt über die Menschen angesichts der Auferstehung Jesu. Es kommt aber nicht als Verhängnis. Vielmehr ist es ein „Gegenbeben“, ein „Umkehrbeben“. Es steht für das größte Hoffnungsereignis der Menschheitsgeschichte. Es kehrt Leid und Schmerz um, es verwandelt den Tod ins Leben. Es hebt die Welt aus den Angeln. Kein Stein in unserem bisherigen Gedankengebäude bleibt auf dem anderen. Es bringt unsere ehernen Gesetzlichkeiten – „tot ist tot“ -  durcheinander, es wirft uns um.

Ja, es ist deshalb auch zum Fürchten, dieses Beben. Doch zugleich ist es zum Freuen: Wird doch gerade das erfüllt, wonach wir uns als endliche Wesen am meisten sehnen; ist doch gerade das überwunden, was uns am meisten zu schaffen macht: Der Tod behält nicht das letzte Wort.

Gott ist ein Gott des Lebens. Darum können  alle, aber gerade und vor allem die Leidenden und Sterbenden, die Opfer und Unterdrückten, mitten in der Verzweiflung hoffen, in allem Ende die Kraft schöpfen für den Neuanfang.

Donnerstag, 8. Dezember 2011

Sterben ist Scheiße.

Heute Morgen erfuhr ich eher zufällig, nebenbei, vom Tod einer 19-Jährigen aus meinem Wohnort. Völlig unerwartet, die Ursache eine Gehirnblutung. So jung, so kurz vor Weihnachten, das schwang in der Schilderung mit.

Aber ich denke mir: Welche Rolle spielt das Alter? Klar, wir meinen: Sie hatte ihr Leben noch vor sich, es hatte noch ein "erfülltes" werden können. Sie hatte doch vielleicht gerade erst die Ausbildung beendet, steckte vielleicht gerade erst in der Abi-Vorbereitung. Doch es gibt Menschen, die noch viel jünger sterben. Und andere sterben später. Bei keinem kann per se vorausgesetzt werden, dass das "erfüllte" Leben mit seiner Dauer zusammenhängt.

Und welche Rolle spielt die Kirchenjahreszeit? Machen vier Wochen früher oder später einen solchen Tod weniger schlimm? Das Positive an diesem Empfinden ist, dass es offenbar tatsächlich noch ein Gespür für "heilige Zeiten" gibt. In diesen Tagen und Wochen kann nicht sein, was nicht sein darf: Es muss harmonisch zugehen, gesegnet.

Ich will es ganz einfach sagen, verzeiht mir das Wort: Sterben ist Scheiße. Immer und grundsätzlich. Egal, in welchem Alter, egal, zu welcher Zeit. Selbst wenn es eine Situation ist, in der die meisten den Tod als Erlösung ansehen - dann war es eben vorher Scheiße.

Spezifisch für den christlichen Glauben ist es, dass wir davon ausgehen, dass Gott selbst diese Scheiße durchlitten hat, durchleiden wollte. In Jesus Christus ging Gott selbst ans Kreuz und starb einen qualvollen Tod. Es war nicht der qualvollste generell. Manchmal leiden Menschen über Monate und Jahre, bis sie endlich sterben können. Aber viele Tode sind - nach dem, was wir als noch nicht Betroffene darüber sagen können - "leichter" als der am Kreuz. Dies war Jesu Leiden, Sterben und Tod, und es war genauso Scheiße. Aber weil uns Gott darin zur Seite getreten ist, stinkt sie immerhin nicht mehr so sehr.

Sonntag, 24. April 2011

Judas oder Jesus - wer starb zuerst?

Am Karsamstagabend erreichte mich per Facebook-Nachricht folgende Anfrage:
Können Sie mir folgende Frage beantworten?
Wer starb zuerst? Jesus oder Judas?
Dem ersten Impuls, sofort die für mich naheliegende Antwort ("Judas") zu geben, gab ich glücklicherweise nicht nach. Ich wollte mich lieber selbst noch einmal versichern - und war überrascht, denn die Frage ist gar nicht eindeutig zu beantworten.

Die gängige Deutung schließt an den Bericht des Evangelisten Matthäus an, Kapitel 27, Verse 3-9: Dort bereut Judas seinen Verrat, als er davon hört, dass Jesus hingerichtet werden soll - und erhängt sich, nachdem er den führenden Priestern die 30 Silberlinge zurückgebracht hat. Er stirbt also zeitlich vor Jesus. Die Priester kaufen von dem Geld ein Stück Land als Friedhof für Ausländer. Weil an dem Geld Blut klebt, heißt das Stück Land fortan "Blutacker".

Die anderen Evangelien (Markus, Lukas, Johannes) berichten überhaupt nichts vom Tod des Judas. Allerdings lässt Lukas in seiner Apostelgeschichte, Kapitel 1, Verse 16-20, Petrus eine andere Version erzählen: Judas habe von dem Geld selbst ein Landgut gekauft und sei dort so schlimm gestürzt, dass er starb. Darum heißt das Landgut nun "Blutacker". In diesem Fall wäre Judas nach Jesus gestorben - ansonsten müsste man annehmen, er hätte das Landgut in der kurzen Zeitspanne zwischen dem Verrat und dem Tod Jesu erworben.

Die Stelle Apg 1,16-20 war mir bis dato gar nicht bewusst gewesen; ohne Nachprüfung hätte ich gesagt: Judas starb vor Jesus.

Samstag, 23. April 2011

Was, wenn Christus ... #Ostern #Gedicht

Was, wenn Christus
am Morgen des dritten Tages
so träge gewesen wäre
wie ich

Wenn er
das Läuten des Weckers
nicht gehört
ihn ausgeschaltet
sich umgedreht hätte
in seinem Grab
liegen geblieben wäre

Die Frauen draußen
nur den schweren Stein
vorgefunden hätten
unverrichteter Dinge
wieder umgekehrt wären

Wäre das nicht
der wahre Skandal
Christus der Retter
zur Arbeit
nicht erschienen
unentschuldigt

Das "Hasenfest" und die Religionsfreiheit

Transportiert es den Sinn des christlichen Festes eher, wenn Thalia nun wieder für "die schönsten Geschenke zum Osterfest" wirbt statt "zum Hasenfest"? Wohl kaum. Die einzige Botschaft, die vermittelt wird, ist: Kauft bei uns etwas zum Verschenken! Worum es bei diesem Fest aus christlicher Sicht geht, wird nicht thematisiert. Ob da nun die Bezeichnung "Osterfest" oder "Hasenfest" steht, macht aus der, sagen wir, "positiven Verkündigungsperspektive" keinen Unterschied. Ist ja auch nicht die Aufgabe dieser Buchhandelskette.

Hat sich aber Thalia mit der Umwidmung des wichtigsten christlichen Festes im negativen Sinn eine Verunglimpfung bzw. Beschimpfung eines religiösen Bekenntnisses gemäß § 166 StGB zuschulden kommen lassen? Ich halte das für unwahrscheinlich, weil das geschützte Rechtsgut nicht das Bekenntnis selbst, sondern der öffentliche Friede ist. Bis der mal als gestört angesehen wird, muss für die heutige Anwendung des Paragrafen schon Deutlicheres/Drastischeres vorliegen.

Hinzu kommt, dass Thalia keine böse Absicht zu unterstellen ist. Es sollte ein harmloser Werbegag sein; so war es sicher gemeint (so weit man bei Werbung überhaupt von "harmlos" sprechen kann; schließlich stecken dahinter stets knallharte Kommerzinteressen, aber das nur nebenbei).

Habe ich mich sonderlich über Thalias "Hasenfest" aufgeregt, geärgert, oder gar mein religiöses Bekenntnis verunglimpft gesehen?
Nein, eigentlich nicht.
Finde ich es gut, dass Thalia die Hasenfest-Werbung aufgrund von christlicher Kritik wieder zurückgezogen hat?
Ja, weil es eine Anerkennung und Respektsäußerung denjenigen gegenüber ist, die ihre religiösen Gefühle durch die Umwidmung des Festes tatsächlich verletzt sahen. Es tut Nichtchristen weniger weh, wenn vom Osterfest die Rede ist, als es Christen weh tut, wenn vom Hasenfest die Rede ist. Deshalb ist hier Toleranz von Nichtchristen gefordert.

Stattdessen werfen nun mal wieder antikirchlich eingestellte Blogger und Kommentatoren den Christen und der Institution Kirche "Gängelei" und "Zwang" vor. "Die Christen können ja Ostern sagen, was müssen sie mir den Begriff aufzwingen?" - oder ähnlich, bei anderer aktueller Gelegenheit: "Die Christen können an Karfreitag ja lange Trauergesichter machen, aber warum soll ich dann nicht tanzen dürfen, wenn ich mit dem Glauben nichts anfangen kann?"

Und darüber kann ich mich nun allerdings aufregen. Denn in diesen Äußerungen der Online-Atheisten liegt eine ungeheure Infamie. Auf den ersten Blick klingen sie ach so aufgeklärt, tolerant, Freiheit für alle, soll doch jeder tun und lassen, was er will und die anderen in Ruhe lassen. Was dahinter steckt, ist aber nichts anderes als die Forderung nach Verdrängung des Religiösen aus dem öffentlichen Raum: Religion ist Privatsache und soll gefälligst dorthin verschwinden und mir in der Öffentlichkeit nicht mehr begegnen (= mich nicht in meiner Selbstentfaltung begrenzen). Diese Haltung ist das genaue Gegenteil von Toleranz und eine eminente Fehldeutung der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit. Die Atheisten bringen es fertig, ihre eigene Intoleranz als größere Toleranz zu verkaufen.

Religionsfreiheit fordert vor allem Toleranz gegenüber dem religiösen Bekenntnis des anderen - und zwar gerade auch, indem ich dessen Öffentlichkeit zulasse und akzeptiere, dass ich ihm in der Gesellschaft immer wieder begegne.
Religionsfreiheit bedeutet nicht, alle religiösen Spuren aus der Öffentlichkeit zu wischen, damit sich die Nichtreligiösen nicht belästigt fühlen. Das würde nämlich alle Weltanschauungen benachteiligen und unterdrücken außer der atheistischen.

Es geht nicht darum, einer Buchhandelskette vorschreiben zu wollen, wie sie mit einem christlichen Fest umzugehen hat. Es hätte keine juristische Handhabe für die Kirchen gegeben, Thalia die Rückbenennung von Hasenfest in Osterfest vorzuschreiben. Und das ist völlig richtig so.

Es geht aber um das Recht religiös geprägter Menschen, öffentlich ihren Glauben zu bekennen - oder öffentlich ihrem Schmerz und Protest Ausdruck zu verleihen, wenn sie diesen Glauben verletzt sehen. Wie Thalia damit umgeht, ist ganz allein deren Sache. Wie allerdings dieses Recht in der jüngsten Zeit immer und immer wieder in Frage gestellt wird und die ihr Recht Wahrnehmenden polemisch angegangen und mit Unterstellungen beladen werden, das geht alle an.

Weitere Artikel zu diesem Thema:
1. Die Kirche ist empört - Thalia macht Oster- zu Hasenfest (18.04.2011)
2. Mir scheint ... (19.04.2011)
3. Christen hassen Hasen! (19.04.2011)
4. Hasenfest: Thalia entschuldigt sich (20.04.2011)
5. Hasenfest? (21.04.2011)
6. Antwort an Andrea (22.04.2011)
7. Osterhasi, Aufstandi, Auferstandi (22.04.2011)
8. "Stille Tänzer" am Römer - 1500 protestieren gegen Tanzverbot (22.04.2011 )
9. Der Herr des Tanzes (22.04.2011)
10. Flashmob gegen Tanzverbot in Frankfurt (22.04.2011)
11. Wer am Hasenfest hoppeln will, bitte! (22.04.2011)
12. Hasenfest und Tanzverbot (23.04.2011)

Freitag, 22. April 2011

Wir sehen Jesus Christus leiden und sterben #Karfreitag

Wir sehen Jesus Christus
leiden und sterben.
Er geht den Weg,
auf den ihn Gottes Liebe treibt.
Nirgends ist er uns näher
als dort, wo es ihm schwer fällt,
Gottes Willen anzunehmen.
Dennoch ist er gehorsam bis zum Tod.
Nirgends ist er uns näher
als dort, wo er schreit:
"Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"
Dennoch hat er sich erniedrigt
und das Kreuz auf sich genommen.
Sein Kreuz schreit für alle Kreuze,
unter denen Menschen stöhnen.
Sein Kreuz ist auch Gottes Antwort auf alle Kreuze,
die auf Menschen lasten.
Hier entlastet er die Schuldigen.
Hier ist er nahe den Leidenden.
Hier tritt er an die Seite der Erniedrigten und Gequälten.

(Quelle: Kirchenagende der Evangelischen Kirche der Pfalz, 2006, Bd. I, S. 417)

Donnerstag, 24. Februar 2011

Ich bin getauft!

„Das wird schon wieder.“ – „Tschakaaa – du schaffst es!“ – „Ich bin ruhig, ganz ruhig, mein Atem geht tief und gleichmäßig...“ – „Keine Panik!“ – „Ich bin so schön, ich bin so toll, ich bin der Anton aus Tirol.“

Wie machen Sie das, wenn Sie eine Selbstversicherung brauchen? Wenn eine schwere Aufgabe bevorsteht, eine Prüfung? Oder wenn Sie das Gefühl haben, es geht gerade alles daneben, Ihr Leben gerät neben die Spur? Wenn Sie den Glauben an sich selbst zu verlieren drohen?

Der Reformator Martin Luther soll in solchen Situationen mit Kreide vor sich auf den Tisch die drei Worte geschrieben haben: „Ich bin getauft!“ Sie waren ihm ein Schutzschild gegen böswilliges Missverstehen und so manche Anfeindung.

„Ich bin getauft!“ Ganz gleich, ob uns da eine Legende oder historische Wahrheit überliefert ist – die Gewissheit, getauft zu sein, hat Luther zeit seines Lebens Kraft gegeben und Hoffnung, dass er von Gott nicht alleine gelassen wird. Was auch immer in seinem Leben passieren würde, Gottes Versprechen, bei ihm zu sein, würde gelten. Deshalb verstand Luther die Taufe auch als den Beginn und das Zentrum des christlichen Lebens.

Ich bin getauft. Damit sage ich: Ich habe einen Vater im Himmel. Ich darf jederzeit zu ihm kommen. Das gilt, auch wenn ich versagt habe. Das gilt, auch wenn ich lange Zeit nichts von ihm habe wissen wollen. Keine Schuld hat mehr so viel Macht, dass sie mir die Heimkehr zu Gott versperren könnte. Kein anderer als Gott selbst hat mir das Leben gegeben und will, dass ich lebe. Die Taufe macht das Ja Gottes sichtbar. Es kann Menschen zu Optimisten machen, ihnen ein großes Zutrauen schenken, und Stärke, wenn alles zum Verzweifeln scheint.

Wenn die Angst übermächtig wird, mich zu lähmen droht: Ich bin getauft!
Wenn die Welt voll Teufel scheint: Ich bin getauft!
Wenn Schmerz, Krankheit, Tod mir zu schaffen machen:
Ich bin getauft!
Wenn mein kleiner Glaube nicht ausreicht, um den Zweifel zu stillen: Ich bin getauft!
Das bleibt. Das führt mich den Weg, durch Dunkel und Licht, und gibt mir Hoffnung und Zuversicht für ein Leben, das gelingen wird.

Dieser Beitrag ist als Rundfunkandacht für SR2 und SR3 "Innehalten" sowie in gekürzter Form für Rockland Radio "Feels Like Heaven" erschienen und kann über die jeweiligen Podcast-Angebote angehört werden.

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Menschliche Präparate scheibchenweise zu kaufen

Es ist schon mehr als ein Jahr her, dass ich kirchliche Stellungnahmen zur "Körperwelten"-Ausstellung von Gunther von Hagens zusammengestellt und später noch um einen weiteren Aspekt ergänzt habe. Nur der Vollständigkeit halber trage ich deshalb heute hier ins Blog ein, dass von Hagens jetzt kurz vor der Eröffnung eines Online-Shops zum Verkauf seiner Plastinate steht. Das hat die - aus meiner Sicht etwas zu reflexartige - heftige Kritik seitens der badischen Bischöfe hervorgerufen. Von Hagens (strafbaren) "Leichenhandel" vorzuwerfen, erscheint mir in diesem Fall überzogen. Er selbst sieht die Plastinate ohnehin nur als "anatomische Präparate" an.

Formal handelt er in diesem Sinn völlig korrekt, weil "die in unserer Produktpalette enthaltenen originalen anatomischen Lehrpräparate menschlichen Ursprungs [...] nur für medizinische Ausbildungs- und Forschungszwecke verwendet werden [dürfen] und ausschließlich für qualifizierte Nutzer [...] verfügbar [sind]". Qualifizierte Nutzer sind z.B. "Lehrinstitutionen wie Universitäten, Krankenhäuser, Schulen und Museen, sowie praktische Ärzte, Hochschullehrer, Lehrbeauftragte sowie andere Personen, soweit sie mit Ausführung von Forschungsvorhaben befasst sind".

Damals äußerte ich im Kommentarbereich die Vermutung, von Hagens bemühe sich zu vermeiden, irgendwann der Bestattungspflicht nachkommen zu müssen und lege deshalb deshalb solchen Wert auf die Feststellung, Plastinate seien keine Leichen mehr, sondern anatomische Präparate. Deshalb auch dieses Gutachten, in dem sich von Hagens bescheinigen ließ:

"Das Ganzkörperplastinat ist in Bezug auf die Individualität in hohem Maße verfremdet. Da hinzu kommt, dass Plastinate eine lange Überlebenszeit haben, ihre direkten „Angehörigen“ mit großer Wahrscheinlichkeit überdauern werden, entfällt die Voraussetzung für eine Bestattungsabsicht. Plastinate, Ganzkörperplastinate sind in Bezug auf eine Bestattungsabsicht generell Skeletten und anderen anatomischen Präparaten gleichzusetzen. Damit erübrigt sich auch eine Bestattungspflicht."

Die Argumentation, so wie ich sie verstehe, geht davon aus, dass eine Bestattungspflicht nur aufgrund einer Bestattungsabsicht von Angehörigen besteht. Das greift meines Erachtens zu kurz. In Bezug auf die Totenruhe ist als Rechtsgut nicht nur das Pietätsgefühl der Angehörigen, sondern auch das der Gesellschaft zu schützen; außerdem das postmortale Persönlichkeitsrecht. Insofern stellt sich doch die Frage, ob es "erlaubt" sein kann, die Bestattung der Leichen dauerhaft aufzuschieben, indem man ihre Verwendung zu wissenschaftlichen Zwecken immer wieder neu begründet bzw. verlängert, z.B. eben durch Weiterverkauf an andere Einrichtungen. Ob es eine zeitliche "Obergrenze" für die Verwendung gibt, scheint mir rechtlich nicht eindeutig geklärt zu sein (aber ich bin ja kein Jurist ...).

Ebenfalls nicht ganz klar ist mir, ab wann, d.h., unter welchen Voraussetzungen das Schutzgut "Pietätsgefühl" entfällt. Wenn die Einwilligung des Verstorbenen vorliegt? Wenn die Leiche bei der Präparation so verfremdet wurde, dass ihre Individualität nicht mehr erkennbar ist? Wenn es keine Angehörigen (mehr) gibt?

Je öfter ich mich mit dem Thema befasse, desto weniger erschließt sich mir, worin hier eigentlich der "Tabubruch" bestehen soll, der in kritischen Stellungnahmen so oft beschworen, aber selten begründet oder weiter ausgeführt wird. Was bleibt, ist ein ungutes Bauchgefühl (was nicht entscheidend sein kann), der Vorwurf der Kommerzialisierung (der auch viele andere Bereiche trifft) und die nicht ganz ausgeräumten Verdachtsmomente hinsichtlich der Herkunft der Leichen (was aber über die ethische Positionierung bei "korrektem" Verlauf auch nichts aussagt).

Und: Ich mag den von Hagens nicht.

Update, 23.10.2010: Amtsbruder Ralf Peter Reimann von der rheinischen Landeskirche hat zwischenzeitlich das Thema für evangelisch.de kommentiert. Hauptargument seiner Kritik ist im Anschluss an den badischen Landesbischof Fischer, dass "nicht nur den Lebenden, sondern auch den Toten Menschenwürde zukommt". Freilich spart er die Diskussion darüber aus, warum die Plastinate nicht im von Hagens'schen Sinne nur noch anatomische Präparate sein sollen, sondern "mehr". Man wird kaum behaupten können, dass sozusagen allem, was einmal Mensch war, auch nach dem Tod grundsätzlich noch Menschenwürde zukommt. Wie wäre es dann etwa mit der Asche nach der Kremierung? Wo ist die Grenze? Das o.g. Gutachten argumentiert mit der Individualität, der Erkennbarkeit. Ich frage mich, ob sich nicht die Menschenwürde, so sie denn über den Tod hinaus gelten soll, von der Gebundenheit an das Körperliche löst - und nicht vielmehr der Person zukommt, wie sie im Gedenken, in der Erinnerung, quasi als Idee fortbesteht. Dann verletzte etwas, was mit der Leiche geschieht, nur dann die Menschenwürde, insofern es dieses Andenken, also die Integrität der Person post mortem beschädigte.

Oder anders: Wenn wir die Menschenwürde aus der Gottebenbildlichkeit begründen - kann sie dann überhaupt den Toten zukommen? Oder nicht nur den Lebenden, geschaffen als Mann und Frau? Aber verletzt dann vielleicht eine "Totenschändung", was immer man darunter fassen mag, zumindest die Menschenwürde der noch Lebenden? Warum? Warum nicht? Reimann argumentiert im letzten Absatz in eben dieser Richtung: "Die Ehrfurcht vor Toten entspringt jedoch der Achtung vor den Lebenden und dem Leben." Und das erinnert mich wieder an mein Argument von der Bestattung der Toten als einem der Werke der Barmherzigkeit.

Donnerstag, 23. September 2010

Herbstanfang mit Rilke

"Herbst? Warum nicht", schreibt der Dichter Rainer Maria Rilke einmal an seine Frau Clara, "denn ich will den Herbst! Ist es nicht, als wäre er das eigentlich Schaffende, schaffender denn der Frühling wenn er kommt mit seinem Willen zur Verwandlung und das viel zu fertige, viel zu befriedigte, schließlich fast bürgerlich-behagliche Bild des Sommers zerstört? Dieser große herrliche Wind, der Himmel auf Himmel baut; in sein Land möchte ich gehen und auf seinen Wegen."

Rilke war ein genauer Beobachter der ihn umgebenden Natur, und so entstand eine Fülle von Gedichten und anderen Texten, in denen sich jahreszeitliche Stimmungen finden und er dem Gleichnishaften von Frühling, Sommer, Herbst und Winter nachgeht.

Heute, zum kalendarischen Herbstanfang, grüße ich Sie mit einem seiner bekanntesten Herbstgedichte:

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.

[Dieser Beitrag ist auch als Rundfunkandacht in der Reihe "Feels Like Heaven" bei Rockland Radio gelaufen. Anhören! (mp3-Datei)]

Mittwoch, 22. September 2010

Hebels schönste Geschichte

Es ist eine der schönsten Geschichten - manche sagen: die schönste! - des evangelischen Pfarrers und Dichters Johann Peter Hebel: "Unverhofftes Wiedersehen". Ein junger Bergmann küsst seine junge hübsche Braut und sagt: "Bald wird unsere Liebe gesegnet. Dann sind wir Mann und Weib, und bauen uns ein eigenes Nestlein." Aber der junge Bräutigam kehrt am Abend nicht mehr aus dem Bergwerk zurück.

Nach 50 Jahren finden Bergleute den Leichnam eines Jünglings, unverwest und unverändert, als wenn er vor einer Stunde gestorben wäre. Niemand außer einer grauen, zusammengeschrumpften Frau weiß mit ihm etwas anzufangen: "Es ist mein Verlobter", sagt sie endlich, "um den ich fünfzig Jahre lang getrauert hatte und den mich Gott noch einmal sehen lässt vor meinem Ende".

Zur Beerdigung am andern Tag legt sie ihr Sonntagsgewand an, als wenn es ihr Hochzeitstag wäre. Denn als man ihn auf dem Friedhof ins Grab legt, sagt sie: „Schlaf nun wohl, und laß dir die Zeit nicht lang werden. Ich habe nur noch wenig zu tun und komme bald, und bald wird’s wieder Tag.

2010 feiert die evangelische Kirche den 250. Geburtstag Johann Peter Hebels. Heute aber ist sein Todestag: Vor 184 Jahren ist er in Schwetzingen gestorben. Ich teile seine Hoffnung, die im letzten Satz der alten Frau zum Ausdruck kommt: "Was die Erde einmal wiedergegeben hat, wird sie zum zweitenmal auch nicht behalten."

[Dieser Beitrag ist auch als Rundfunkandacht in der Reihe "Feels Like Heaven" bei Rockland Radio gelaufen. Anhören! (mp3-Datei)]

Dienstag, 13. April 2010

Nur Hasen, Hühner oder Eier: Kein Osterlamm im Möbelhaus

Lamb & Flag detailWir befinden uns kirchenjahreszeitlich gesehen in der österlichen Freudenzeit, und so erzähle ich heute von einem persönlichen Erlebnis im Umfeld des Osterfestes. Es hat sich zugetragen an einem Ort, den man zunächst einmal nicht mit Ostern, dem Fest der Auferstehung und des Lebens, assoziiert: Im Möbelhaus nämlich.

Ich stehe an der Kasse in der Schlange. Vor mir will jemand ein Lamm kaufen, also so ein Schaf aus Keramik, für die Osterdeko. Die Kassiererin nennt den Preis. Der erscheint der Kundin zu hoch, sie hält dagegen: "Aber es hieß doch, Osterartikel zum halben Preis." – "Ja, schon", kommt es zurück, "aber das gilt nur für Hasen, Hühner und Eier".

Fast hätte ich losgelacht. Das klingt ja auch zu komisch: Nur Hasen, Hühner und Eier. Und dann ist mir klar geworden, wie absurd das eigentlich ist: Ausgerechnet das Lamm zählt da, im Möbelhaus, nicht zu den Artikeln mit Bezug zum christlichen Osterfest. Dabei ist es im Gegensatz zu Hasen, Hühnern oder Eiern eins der wichtigsten Symbole in der Bibel.

Als Opfertier spielt es schon beim jüdischen Passahfest eine besondere Rolle. Die Schlachtung des Passalammes geht sogar noch weiter zurück, auf ein uraltes Hirtenritual, noch in vorbiblischer Zeit. In Israel ist dieses Ritual verbunden worden mit einer überragenden geschichtlichen Erfahrung: der Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft. Das Blut der Passalämmer, so wird im 2. Buch Mose, Kapitel 12, berichtet, diente als Schutzzeichen an den Häusern der Israeliten, damit die tödliche Bedrohung an ihren Wohnungen vorüberging. So steht das Passahlamm von da an für die Heilstat Gottes: die Erlösung des Volkes Israel aus Unfreiheit und Sklaverei.

Die Urchristen haben das Bild des Lammes auf Jesus Christus übertragen. Paulus nennt ihn das "Lamm Gottes". Und natürlich spielt er damit an eben auf das Lamm, das zum jüdischen Passahfest geschlachtet und verspeist wird. Für Paulus ist Jesus das wahre Passahlamm. "Auch wir haben ein Passahlamm, das ist Christus, der geopfert ist", schreibt er im 1. Brief an die Korinther  (5,7). Der Christus ist im wahrsten Sinne des Wortes das Unschulds-Lamm: Er nimmt die Schuld der Menschen auf sich und trägt sie ans Kreuz. Das Besondere daran ist die Umkehrung: Es ist kein Lamm von Menschen für Gott, sondern von Gott für uns Menschen.

Das Lamm als Opfertier verweist auf den Tod. Deshalb müsste es seinen Platz eigentlich eher am Karfreitag haben. Tatsächlich wird es ja auch in Passionsliedern oft besungen, man denke nur ans Agnus Dei, "Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt". Aber schon bald war die Rede von dem in den Himmel erhöhten und herrschenden Lamm. Besonders in der Johannesoffenbarung ist das der Fall, z.B. Kapitel  21, Verse 22-23: "der Herr, der allmächtige Gott, ist [der] Tempel [des neuen Jerusalem], er und das Lamm. Und die Stadt bedarf keiner Sonne noch des Mondes, dass sie ihr scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm."

Nun erinnert das Symbol des Lammes nicht mehr allein an den Tod, sondern auch an den Sieg über den Tod, die Auferstehung. Auf österlichen Bildern ist Christus häufig dargestellt als Lamm mit einer Siegesfahne.
Zu guter Letzt ist, weil auf Jesus das Bild des Guten Hirten übertragen wurde, das Lamm auch zum Symbol für den Gläubigen geworden. Auch das hat seine Logik: Im Glauben an das Lamm Gottes, das den Tod überwand, ist auch uns dieser Sieg verheißen und dürfen wir hoffen, dass die Siegesfahne Christi auch die unsere sein wird.

Also: Vom Lamm, dessen Blut beim Auszug aus Ägypten an den Türpfosten den Tod abwehrt, über Christus als Lamm, das für unsere Sünden gestorben ist, bis hin zum Osterlamm als Symbol für die Auferstehung und den Sieg über den Tod - noch österlicher geht’s nicht. Nicht mal mit Hühnern, Hasen und Eiern. Aber schließlich hab' ich mit dem Möbelhaus doch noch meinen Frieden geschlossen. Denn ich hab' mir überlegt: Jesus Christus, das Lamm Gottes, das sollte wirklich nicht zum halben Preis verramscht werden.

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Verwendete Literatur:
- Herbert Vincon: Die Feste des Christentums, 2. Aufl., Gütersloh 1998
- Wieso braten Sie ein Lamm in der Kirche?, in: Evangelische Zeitung 12/2010, 25.03.2010
- Lexikon der Symbole

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Montag, 20. Juli 2009

Die Unbarmherzigkeit der "Körperwelten"

Vor einiger Zeit fasste ich hier im Blog diverse kirchliche Stellungnahmen zur "Körperwelten"-Ausstellung von Gunther von Hagens zusammen. Als ich mich kürzlich mit dem Thema "Krankenpflege" auseinandersetzte, wurde ich daran erinnert, dass wie die Krankenpflege so auch die Bestattung von Toten klassischerweise zu den christlichen "Werken der Barmherzigkeit" zählt. Und von daher könnte sich aus christlicher Sicht noch einmal ein neuer Aspekt hinsichtlich der ethischen Beurteilung der "Körperwelten" ergeben:

Tote zu bestatten zählt zu den Werken der Barmherzigkeit. Was bedeutet das im Hinblick auf die "Körperwelten"-Ausstellung eines Gunther von Hagens? Wir verstehen als Christinnen und Christen Nächstenliebe so, dass wir uns selbst noch der Toten erbarmen, die einmal unsere Nächsten waren. Wir überlassen sie - nicht nur aus hygienischen Gründen - nicht einfach sich selbst. Wir begleiten sie noch auf dem letzten Weg, hin zur Umwandlung in Asche und Staub. Und: Wir lassen nicht zu, dass sie zu Sensationsobjekten werden, bewahren die zerfallenden Körper, die einmal lebendige Menschen waren, vor dem lüsternen Auge der Öffentlichkeit.

Das zu tun ist eine Barmherzigkeit. Gilt sie mehr als die "freie Entscheidung" der Körperspender? Ich meine, ja. Denn die Barmherzigkeit, die in der Bestattung der Toten liegt, bezieht sich nicht nur auf die Verstorbenen, sondern auch auf die noch Lebenden. Die festen Formen der Erd- oder Feuerbestattung schaffen Sicherheit im Blick darauf, was mit uns nach dem Tod geschieht - Sicherheit, dass unsere Würde auch im Tod gewahrt bleibt und nicht nachträglich verletzt wird. Wir sind erbarmungswürdige Geschöpfe, denn wir wissen, dass wir sterben müssen. Gott hat sich unser erbarmt - so sollen wir uns auch einander gegenseitig erbarmen.

UPDATE (22.07.09): Eine kritische Rückmeldung bei Twitter veranlasst mich zu einer Ergänzung. Ich wurde auf die im Bremer Dom zu sehenden Mumien hingewiesen. Absicht dieses Hinweises ist offensichtlich, zu belegen, dass die Kirchen - in diesem Fall vertreten durch mich - eben das selbst tun, was sie an den "Körperwelten" kritisieren: Leichen und Leichenteile ausstellen. Meine Antwort lautete, dass ich im Anschluss an meine hier ausgeführten Gedanken konsequenterweise die Ausstellung der Mumien im Bremer Dom für genauso unangemessen halten muss. An den Bremer Mumien sei nichts Unethisches, so kam wiederum die Replik. "Sie stillen die Neugier des Menschen am Tod - und das seit Jahrhunderten." Ganz so einfach ist die Sache freilich nicht, wie etwa Karl-Heinrich von Stülpnagel vom Ägyptologischen Institut der Universität Leipzig in einem Artikel mit dem Titel "Mumien in Museen - ethische Überlegungen" (1998) aufzeigt. Insofern halte ich daran fest, dass aus christlicher Sicht Leichen aller Art zu bestatten sind, sobald sie ihren wissenschaftlichen Zweck erfüllt haben. So wird es in der Regel auch mit Anatomieleichen gehandhabt.

Ich möchte aber sagen, dass ich meine obigen Ausführungen als noch unabgeschlossenen Denkprozess verstehe. Angeregt wurden diese Gedanken eben durch meine (Wieder-)Entdeckung der Totenbestattung als Werk christlicher Barmherzigkeit. In Matthäus 25 sind freilich nur die anderen sechs Werke genannt. Das siebte Werk - die Totenbestattung eben - wurde laut Wikipedia-Artikel (s.o.) erst später hinzugefügt und hat sich etabliert, "obwohl es der Aussage Jesu widerspricht, die Toten sollten die Toten begraben (Mt 8,22)".

Ein anderer Aspekt, der zu diesen Themenbereich gehört, für den ich mich als evangelischer Theologe aber weder zuständig noch ausreichend kompetent fühle, ist die Frage des Umgangs mit Reliquien, vor allem Ganzkörperreliquien. Warum sie nicht bestattet werden (müssen), mögen katholische Theologinnen und Theologen begründen.

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Bücher zur Debatte um die Körperwelten:
 
 

Montag, 20. April 2009

Ist der Tod eine Person? Für wen arbeitet er?

Wieder einmal habe ich in meiner Eigenschaft als "Experte" für verschiedene Themen bei wer-weiss-was.de eine Anfrage per E-Mail erhalten. Meine Antworten auf diese und auch auf andere Anfragen will ich künftig auch hier im Blog veröffentlichen, weil ich meine, dass sie durchaus für ein paar Leute mehr interessant sein könnten als nur für die jeweiligen Fragesteller. Für das Blog bereite ich die Antworten vom Layout und durch das Einfügen zusätzlicher Links etwas auf.

Die aktuelle Anfrage umfasste mehrere Fragenkomplexe. Zunächst habe ich mir diesen vorgenommen:
Habe ein paar Fragen zum Tod und zum Jenseits. 1. Ist der Tod eine "Person", ein Geist wie Gott und der Teufel? Wenn ja, für wen "arbeitet" er, für Gott oder den Teufel, ist er gut oder böse? Darf man den Tod lästern? Darf man als Autor skurrile Geschichten über den Tod schreiben?
Meine Antwort:

Der Tod ist keine Person und kein Geist, sondern zunächst einmal
einfach eine Realität biologischen Lebens. Unser Leben ist zeitlich
begrenzt, es nimmt einmal ein Ende, und dieses Ende nennen wir Tod.
Wir Menschen, vor allem unsere Dichter, personifizieren den Tod, weil
wir die Bedrohung, die er mit sich zu bringen scheint, auf diese Weise
besser fassbar machen und verarbeiten können. Das zu tun ist richtig
und wichtig und notwendig.
Der Tod arbeitet weder für Gott noch den Teufel (wie auch immer man
letzteren definieren/charakterisieren mag) und er ist an sich auch
weder gut noch böse.
Er "ist" einfach. Es gibt ihn eben, den Tod, und
wir müssen damit umgehen lernen, dass unser Leben auf dieser Welt
nicht von ewiger Dauer ist. Das mag unserer menschlichen Eitelkeit
widersprechen. Als gut oder böse empfinden wir nur je ganz subjektiv
den Weg eines Menschen zum Tod. War es ein "leichter" oder ein
"schwerer" Weg, starb jemand "lebenssatt", oder hatte er "noch so viel
vor sich"?
Selbst für jemanden, der keine christliche (oder andere) Hoffnung über
den Tod hinaus verspürt, müsste der Tod an sich wertfrei sein. Denn er
könnte sagen: "Ich war schon mal tot - vor meiner Geburt. Ich kann
mich weder an Leiden noch an Freude erinnern, demgemäß habe ich nichts
zu hoffen, aber auch nichts zu fürchten, was den Tod betrifft."
So weit ich es sehe, gibt es im Hinblick auf den Tod nur zwei
sinnvolle Glaubensalternativen:


  • Aus dem Nichts kommen wir - ins Nichts kehren wir zurück, oder:
  • Aus Gottes Hand kommen wir - in Gottes Hand kehren wir zurück.
Natürlich liegt für viele Menschen das "Böse" des Todes eben darin,
dass er unser vorangegangenes, uns doch wertvolles Leben "zunichte"
macht. Doch die Furcht davor ist nur Ausdruck der o.g. menschlichen
Eitelkeit, Anmaßung und Selbstüberschätzung, bzw., theologisch
gesprochen, Ausdruck der Sünde, des Abgeschnittenseins von Gott.
Der Tod ist Abbruch aller Beziehungen - bis auf die eine, die
Beziehung zu Gott, die dem gläubigen Menschen durch den Glauben an die
Offenbarung Gottes in Jesus Christus geschenkt ist. (Etwas
ausführlicher finden Sie diese theologische Abschweifung hier
dargestellt: http://www.theologie-systematisch.de/eschatologie/5sterben/texte-theologie.htm)
"Darf man den Tod lästern?", fragen Sie. Ich möchte sagen: Auf jeden
Fall! Man sollte sogar! Wer das tut, vermeidet die Tabuisierung des
Todes, wie sie in der heutigen Gesellschaft an der Tagesordnung ist.
"Tod, wo ist dein Stachel?", ruft ihm ja schon der Apostel Paulus keck
entgegen, getragen vom Glauben an die Auferstehung Christi. Dieses
Lästern kann auch seelsorgerlich-heilende Wirkung haben. Ich denke an
eine Szene aus dem Film "Patch Adams", in der der Arzt (gespielt von
Robin Williams) sich mit einem todkranken Patienten darin überbietet,
immer wieder neue Bezeichnungen und Namen für den bevorstehenden Tod
zu finden und sich fast wie im Wettstreit zuzurufen. Das hat
befreiende und erlösende Wirkung, weil der Tod beim Namen genannt,
lächerlich gemacht und ihm so seine Macht genommen wird, ins Leben
vorzugreifen, statt nur an seinem Ende zu stehen.
"Darf man skurrile Geschichten über den Tod schreiben?" - Das ist mit
der vorangegangenen Frage eigentlich schon mit beantwortet. Ich liebe
beispielsweise die Darstellung des Todes als Skelett mit Sense, das nur
in Großbuchstaben spricht, wie es Terry Pratchett in seinen
humoristischen Fantasy-Romanen über die "Scheibenwelt" entwickelt hat.
Wir brauchen solche Geschichten zur "Seelenreinigung". Weil unser
aller Leben zwangsläufig auf den Tod hinauslaufen, brauchen wir die
Beschäftigung mit diesem Thema - in allen seinen Spielarten, von
albern bis skurril, von lustig bis ernsthaft, von
zweifelnd-verzweifelnd bis hoffnungsfroh.
Im Übrigen ist es mit der Personifizierung des Todes ein bisschen so
wie mit dem alten Trick, sich Examensprüfer oder Vorgesetzte beim
Bewerbungsgespräch in Unterwäsche vorzustellen. "Darf" man das? Von
irgendeinem hochmoralischen Standpunkt her vielleicht nicht. Aber es
tut gut.
So weit meine Antwort zum ersten Teil Ihrer Frage. Ich hoffe, Ihnen
damit weitergeholfen zu haben. Meine Ausführungen lassen sich
eigentlich mit einem Satz zusammenfassen: Wir brauchen keine Angst zu
haben.

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Freitag, 17. April 2009

"Das Jüngste Gericht" im "Hôtel-Dieu" von Beaune

Heute mal eine Notiz aus dem (nicht wirklich konsequent geführten) Reisetagebuch vom 16. September 2007 in Beaune, Burgund:

Vorgestern besichtigten wir in Beaune das Hôtel-Dieu (Hospice), den "Palast der Armen", den der Kanzler von Burgund, Nicolas Rolin, 1443 stiftete. Neben dem beeindruckenden, 50 Meter langen Krankensaal blieb mir vor allem das - laut unserem Reiseführer - "Prunkstück der Ausstattung" im Gedächtnis: das Altarbild "Jüngstes Gericht" von Rogier van der Weyden aus dem 15. Jahrhundert. Es ist riesig: neun Tafeln! "Aufgeklappt ist der Altar 5,60 m breit." (Baedeker-Reiseführer Burgund, S. 160).




(Quelle: Wikimedia Commons - klicken für größere Version)


[Gerade entdecke ich mit Entsetzen, dass im Baedeker das Detail vom Altarbild, Erzengel Michael mit der Seelenwaage, seitenverkehrt abgedruckt ist - was völlig unmöglich ist, denn über Michael thront - im Baedeker nicht zu sehen - Christus als Weltenrichter, und ich glaube, für diese Darstellungen gilt ohne Ausnahme, dass die Seligen zur Rechten Christi in den Himmel, die Verdammten zur Linken Christi in die Hölle wandern. Vom Betrachter aus gesehen ist der Himmel also immer links, die Hölle rechts. Dies - vermutlich aus Layout-Gründen, nämlich damit Michael zur Buchmitte hin- und nicht aus dem Reiseführer herausschaut - zu ändern zeugt von gewaltiger Ignoranz.]

Mir fiel auf:
  • Die Seligen machen einen weit weniger erfreuten, glücklichen, erlösten Eindruck als die Verdammten einen verängstigten, verzweifelten. Die Seligen wirken eher demütig-untertänig-gleichgültig, während es für die Verdammten ganz offensichtlich nichts Grauenhafteres gibt als zu den Verdammten zu zählen.
  • Unter den Verdammten gibt es einige, die in herzergreifend flehenden Posen in Richtung Weltenrichter gezeigt werden. Sollte Christus tatsächlich derart unbarmherzig sein?
  • Die Darstellung der "Höllen-Seite" ist (für mich) ungewöhnlich: Nur ein paar Flammen züngeln, aber es sind keine Teufel, Dämonen oder sonstige Höllenwesen (wie etwa bei Hieronymus Bosch) zu sehen. Stattdessen steht den Verdammten die Angst buchstäblich in ihre Grimassen geschrieben, und: Sie reißen sich gegenseitig an den Haaren! Insgesamt wird die Höllendarstellung nach meinem Empfinden dadurch nicht weniger eindrücklich als bei Bosch - denn hier bleiben die Schrecken der Hölle der Fantasie des Betrachters überlassen.
  • Ich erinnere mich, dass mich auch die Nacktheit der Auferstandenen seltsam berührte. Gerade durch van der Weydens anatomisch getreue Darstellung erschien mir dies wie eine Verletzung des Intimbereichs derer, die vor den Weltenrichter treten - eine Demütigung aller (nicht nur der Verdammten). Ich sehe kaum Hoffens- oder Erstrebenswertes in diesem Bild und frage mich, ob der Mensch des Spätmittelalters solches darin gefunden hat.

Wikipedia-Artikel über Rogier van der Weyden

Wikipedia-Artikel über das Altarbild "Das Jüngste Gericht"

Wikipedia-Artikel über das Hôtel-Dieu de Beaune

Samstag, 14. Februar 2009

Radiomoderator beleidigt Christen!

Vor ein paar Tagen erlaubte sich ein Moderator eines öffentlich-rechtlichen Senders, den ich an meinem Wohnort empfange, einen schlechten Scherz auf Kosten gläubiger Christen. Ich nenne im folgenden weder den Namen des Senders noch den des Moderators, weil es mir um die Sache geht, und nicht darum, jemanden bloßzustellen.

In der Moderation zwischen zwei Musiktiteln ging es um den katholischen Bischof und Holocaust-Leugner Richard Williamson und dessen Absicht, "alles nochmals prüfen" und sich die historischen Beweise ansehen zu wollen, bevor er seine Äußerungen zum Holocaust zurücknehmen könne . Der Moderator schloss diese Nachricht mit folgender Formulierung ab (sinngemäß! Ich habe nicht mehr den genauen Wortlaut in Erinnerung):

"Wer meint, dass es genug Beweise für die Auferstehung Jesu Christi gibt, sollte doch eigentlich keine Schwierigkeiten haben, Beweise für den Holocaust zu finden."

Darüber ärgerte ich mich derart, dass ich mich zu einer Mail ins Studio veranlasst sah:

Sehr geehrter Herr Moderator,

Sie sind sich vermutlich nicht bewusst, dass Ihre Bemerkung heute [...]: "Wer meint, dass es genug Beweise für die Auferstehung Jesu Christi gibt..." geeignet war, die religiösen Gefühle zahlreicher Hörerinnen und Hörer zu verletzen. Ihren eigentlichen Zweck – den Holocaustleugner Williamson zu kritisieren - verfehlte sie damit völlig. Bedauerlich, dass ich so etwas bei einem öffentlich-rechtlichen Sender zu hören bekomme. Obwohl solche Schnellschüsse eher den Privaten vorgeworfen werden, ist mir ein ähnlicher verbaler Fehlgriff in den vergangenen sieben Jahren Zusammenarbeit mit den privaten Rundfunksendern in Rheinland-Pfalz nicht begegnet - vermutlich, weil die dortigen Verantwortlichen bei religiös sensiblen Themen zunächst einmal bei den "Fachleuten" der evangelischen oder katholischen Redaktionen nachfragen oder die Finger lieber ganz davon lassen. Zwei Möglichkeiten, die Sie ebenfalls zur Verfügung gehabt hätten.

Mit freundlichen Grüßen,
Alexander Ebel

Bereits nach gut zwei Stunden hatte mir der Moderator geantwortet (Hervorhebungen von mir).

Sehr geehrter Herr Ebel,

vielen Dank für Ihre Mail. Ihre Reaktion traf mich gänzlich erwartet, jedoch hätte ich damit gerechnet, dass Sie von der katholischen Kirche käme. Auch war ich etwas überrascht, dass Sie der Einzige waren, der sich an der Bemerkung störte, die kein Schnellschuss, sondern geplant und durchdacht war.

Ich bedauere es, falls ich die Gefühle von Menschen verletzt haben sollte, die nicht richtig zugehört haben. Die beiden von Ihnen präferierten Möglichkeiten Feigheit oder Zensur sind für mich keine Option.

Mit freundlichen Grüßen
[Moderator]

Worauf ich den Moderator mit dem folgenden Wortschwall beglückte (die Hervorhebungen im folgenden Text waren in der Mail nicht enthalten, sondern dienen hier im Blog der Übersichtlichkeit):

Sehr geehrter Herr Moderator,

lassen Sie mich Ihnen zuerst danken, dass Sie sich tatsächlich die Mühe einer Antwort gemacht haben. Ich halte das nicht für selbstverständlich.

Freilich zeigen Form und Inhalt Ihrer Mail leider nur erneut, wes Geistes Kind Sie sind - wie auch die unbedachte Äußerung in Ihrer Sendung. Ja, unbedacht, auch wenn Sie darauf beharren, sie sei "geplant und durchdacht" gewesen. Ich hatte zu Ihren Gunsten ja noch annehmen wollen, Sie hätten diesen Gag irgendeinem schlechten Showprep-Service entnommen. Aber offenbar ist er auf Ihrem eigenen Mist gewachsen, und Ihnen erscheint er auch noch besonders geistreich und originell.

Sie sind überrascht, eine Reaktion von evangelischer Seite bekommen zu haben. Wie sehr "durchdacht" haben Sie denn das Thema, wenn Ihnen nicht einmal bewusst geworden ist, dass die Auferstehung Christi ein allgemein christlicher Glaubensinhalt ist und sich nicht nur auf die römisch-katholische Konfession beschränkt?

Was müssen also Leute verstanden haben, die tatsächlich "richtig zugehört" haben? Zugespitzt dies: "Wer an die Auferstehung Christi glaubt, der ist genauso dämlich wie dieser Pius-Bischof und glaubt vermutlich auch genau dieselben dämlichen Dinge." Damit haben Sie schätzungsweise ein Drittel Ihrer Hörer verprellt - so viele glauben nämlich an die Auferstehung, wenn ich mich recht an entsprechende Umfragen erinnere - und das kann kaum in Ihrem Interesse als Moderator liegen.

In Deutschland ist Holocaustleugnung ein Straftatbestand. Sie haben mit Ihrer Äußerung öffentlich alle auferstehungsgläubigen Christen parallel gesetzt zu einem Mann, gegen den die Staatsanwaltschaft Regensburg wegen Volksverhetzung ermittelt. Damit bewegen Sie sich haarscharf an der Grenze zur Beschimpfung von Bekenntnissen, wenn sie sie nicht schon überschritten haben (ich bin kein Jurist): http://de.wikipedia.org/wiki/Beschimpfung_von_Bekenntnissen,_Religionsgesellschaften_und_Weltanschauungsvereinigungen

Im Übrigen war Ihre Äußerung sachlich falsch. Sie haben in theologisch und historisch unzulässiger Weise zwei Ebenen miteinander vermischt, die rein gar nichts miteinander zu tun haben. Die Auferstehung Christi ist ein Glaubensinhalt. Historisch-kritischer Forschung zugänglich sind nur die im Neuen Testament erhaltenen Berichte über das leere Grab und über die Erscheinungen des Auferstandenen. Beides kann ganz unterschiedlich interpretiert werden (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Auferstehung_Jesu_Christi ). Das Auferstehungsgeschehen selbst aber bleibt zeugenlos. Dass weiterhin Christus heute gegenwärtig ist, wird von gläubigen Christen im Vollzug ihres Glaubens erfahren (im Abendmahl, im Gebet, in der Seelsorge etc.) und entzieht sich historischer Beweisführung - im Gegensatz zu den Verbrechen des NS-Regimes.

Genau das hätten Sie durch eine Nachfrage bei der Kirchenredaktion oder den kirchlichen Senderbeauftragten in Erfahrung bringen können. Bezeichnender- und bedauerlicherweise haben Sie dafür ja aber nur die Kategorie "Zensur" übrig - und nicht "kollegiale Zusammenarbeit". (Freilich hätten Sie Hinweise auch im Netz finden können, etwa hier: http://theolounge.wordpress.com/2008/10/06/die-auferstehung-jesu-realitat-oder-humbug-2/ - aber das ist vermutlich zu viel Text für eine durchdachte Sendungsvorbereitung).

Abgesehen davon müssen Sie sich, wenn Sie mit den Begriffen "Zensur" und "Feigheit" hantieren, ernsthaft fragen lassen, was denn die Bemerkung über die Auferstehung Christi inhaltlich zu Ihrer Moderation über die fadenscheinige Entschuldigung Williamsons und seine Absicht, nochmals Beweise zu prüfen, beigetragen hat. Hätte Hörerinnen und Hörern an der Sachinformation zum eigentlichen Thema irgendetwas gefehlt, wenn sie auf diese Bemerkung verzichtet hätten? Nein. Ich muss deshalb vermuten, dass sie einzig und allein der Provokation diente. Sie wegzulassen hat weder mit Zensur noch mit Feigheit etwas zu tun.

Zu guter Letzt: Mit einem Nebensatz scheinen Sie mir unterstellen zu wollen, "nicht richtig zugehört zu haben". Nun wissen Sie so gut wie ich, dass Radio - zumal ein Format wie [Sendername] – ein Nebenbei-Medium ist und Moderations-, Nachrichten- und Beitragstexte daraufhin abgestimmt werden müssen, dass die Hörerinnen und Hörer möglicherweise gerade das Geräusch ihrer Zahnbürste in den Ohren haben, im Auto den Lautstärkeregler mit dem Motoren- und Reifengeräuschen abstimmen müssen, oder ein Kind am Frühstückstisch sitzen haben, das gerne hier und da mal dazwischenkräht. Das heißt, es liegt in Ihrer Verantwortung und Sorgfaltspflicht als Moderator, dass Ihre Sätze auch bei einmaligem Hören unter erschwerten Bedingungen nicht missverständlich sind. Und in Ihrer Ausbildung sind Sie sicher auch der Grundregel begegnet, dass Ironie im Radio in den seltensten Fällen funktioniert.

Aber bitte mailen Sie mir doch Ihren Moderationstext, damit ich mich anhand dessen selbst davon überzeugen kann, falls ich mich über Ihre Aussageabsicht getäuscht haben sollte.

Mit freundlichen Grüßen,
Alexander Ebel

Darauf habe ich bis jetzt keine Antwort mehr erhalten - was ich aufgrund der Komplexität des Inhalts und des geschätzten Zeitaufwands, den eine angemessene Reaktion erforderte, durchaus verstehen kann. Mir ist es aber umgekehrt ein bisschen schade um die von mir investierte Zeit, und so setze ich die begonnene Mail-Diskussion hier ins Blog und frage meine Leserinnen und Leser: Habe ich überreagiert? Habe ich zu sehr auf dem beleidigten Ohr gehört? Habe ich zu sehr christliche Hörerinnen und Hörer in Schutz nehmen wollen, die sich vielleicht gar nicht angegriffen fühlten? Mein Hinweis auf den Paragraphen zur Beschimpfung religiöser Bekenntnisse ist natürlich sehr dick aufgetragen. Andererseits geht aus der kurzen Antwort des Moderators deutlich dessen Absicht hervor, dass sich Hörer "an der Bemerkung stören" sollten. Müssen die Moderatoren gebührenfinanzierter Sender neuerdings Provokationspunkte sammeln?

Ach ja: Falls jemand die Moderation ebenfalls gehört haben sollte und sich noch an den genauen Wortlaut des letzten Satzes erinnert, wäre ich für eine Mitteilung dankbar; ich würde den Anfang dieses Beitrages dann entsprechend aktualisieren.