Heute Morgen erfuhr ich eher zufällig, nebenbei, vom Tod einer 19-Jährigen aus meinem Wohnort. Völlig unerwartet, die Ursache eine Gehirnblutung. So jung, so kurz vor Weihnachten, das schwang in der Schilderung mit.
Aber ich denke mir: Welche Rolle spielt das Alter? Klar, wir meinen: Sie hatte ihr Leben noch vor sich, es hatte noch ein "erfülltes" werden können. Sie hatte doch vielleicht gerade erst die Ausbildung beendet, steckte vielleicht gerade erst in der Abi-Vorbereitung. Doch es gibt Menschen, die noch viel jünger sterben. Und andere sterben später. Bei keinem kann per se vorausgesetzt werden, dass das "erfüllte" Leben mit seiner Dauer zusammenhängt.
Und welche Rolle spielt die Kirchenjahreszeit? Machen vier Wochen früher oder später einen solchen Tod weniger schlimm? Das Positive an diesem Empfinden ist, dass es offenbar tatsächlich noch ein Gespür für "heilige Zeiten" gibt. In diesen Tagen und Wochen kann nicht sein, was nicht sein darf: Es muss harmonisch zugehen, gesegnet.
Ich will es ganz einfach sagen, verzeiht mir das Wort: Sterben ist Scheiße. Immer und grundsätzlich. Egal, in welchem Alter, egal, zu welcher Zeit. Selbst wenn es eine Situation ist, in der die meisten den Tod als Erlösung ansehen - dann war es eben vorher Scheiße.
Spezifisch für den christlichen Glauben ist es, dass wir davon ausgehen, dass Gott selbst diese Scheiße durchlitten hat, durchleiden wollte. In Jesus Christus ging Gott selbst ans Kreuz und starb einen qualvollen Tod. Es war nicht der qualvollste generell. Manchmal leiden Menschen über Monate und Jahre, bis sie endlich sterben können. Aber viele Tode sind - nach dem, was wir als noch nicht Betroffene darüber sagen können - "leichter" als der am Kreuz. Dies war Jesu Leiden, Sterben und Tod, und es war genauso Scheiße. Aber weil uns Gott darin zur Seite getreten ist, stinkt sie immerhin nicht mehr so sehr.
Donnerstag, 8. Dezember 2011
Sterben ist Scheiße.
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"Aber weil uns Gott darin zur Seite getreten ist, stinkt sie immerhin nicht mehr so sehr."
AntwortenLöschenTut mir Leid, seh ich gar nicht so. Was hilft es mir zu wissen, daß Gott auch gelitten hat? Was ist gut an "Scheiße" x 2? Ich höre diese Äußerung immer wieder und denke: "Wie hilft es mir, wenn auch andere sterben?" Dazu finde ich keine Antwort. Daß der Tod im Glauben anders und vielleicht auch leichter angenommen werden kann, da stimm ich ja zu. Aber das ist davon unabhängig, ob nd inwieweit Christs am Kreuz gelitten hat bzw daß Er gestorben ist. Der Glaube ist vom Kreuz unabhängig, ach wenn das Kreuz Weg zum Glauben sein kann.
Darüber habe ich auch schon öfter nachgedacht, und mal liegt mir der Gedanke eher näher, mal ferner. Es ist aber doch so, dass die Inkarnation ein, wenn nicht das Essential des christlichen Glaubens ist. Und dieses, dass Gott nicht der Ferne, Unerreichbare, hoch oben und weit weg bleibt, sondern der Heruntergekommene wird, derjenige, der ganz Mensch wird und alles Menschliche auf sich nimmt - das beginnt an Weihnachten und führt ihn bis zum Tod und durch diesen hindurch.
AntwortenLöschenWie Bonhoeffer schrieb: "Gott läßt sich aus der Welt herausdrängen ans Kreuz, Gott ist ohnmächtig und schwach in der Welt und gerade und nur so ist er bei uns und hilft uns. Es ist Matth. 8,17 ganz deutlich, daß Christus nicht hilft kraft seiner Allmacht, sondern kraft seiner Schwachheit, seines Leidens!
Hier liegt der entscheidende Unterschied zu allen Religionen. Die Religiosität des Menschen weist ihn in seiner Not an die Macht Gottes in der Welt, Gott ist der deus ex machina. Die Bibel weist den Menschen an die Ohnmacht und das Leiden Gottes; nur der leidende Gott kann helfen."
Da ist noch nicht die Rede von der Auferstehung. Sondern davon, dass Gott bei uns und mit uns ist. Wäre er das nicht, könnte er uns nicht helfen. Das Kreuz an und für sich ist nicht heilsnotwendig. Aber diese Bewegung, dass Gott sich uns gleich macht, mit uns durch Höhen und Tiefen, durch Freude und Leid und bis in den Tod hinein geht, die schon. Zugespitzt: Würde Gott in Christus nicht mit uns sterben, könnten wir nicht mit ihm auferstehen.