Posts mit dem Label ... arbeiten werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label ... arbeiten werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 21. März 2016

Schriftarten erkennen leicht gemacht

Im Netz gibt es doch nichts, was es nicht gibt. Heute war ich in einem pdf-Dokument auf eine Schriftart gestoßen, die mir gut gefiel und die ich ebenfalls gern verwenden wollte. Unter den Fonts auf meinem PC konnte ich sie nicht ausfindig machen. Was tun?

Eine kurze Google-Suche brachte mich zu "WhatTheFont". Dieses System verspricht, Schriftarten in Abbildungen von Wörtern erkennen zu können. Ich machte also einen Screenshot des pdf-Dokuments, schnitt ein Wörtchen aus und speicherte es als Bilddatei ab:
Daraus erkannte WhatTheFont zwar nur einen einzigen Buchstaben, teilte den Rest aber korrekt auf:
Und siehe da:

Mittwoch, 31. Dezember 2014

Die ersten drei Monate im Gemeindepfarramt in Zahlen

4 Taufen
10 Trauerfeiern/Beerdigungen
11 Sonntagsgottesdienste
1 Friedhofsansprache zum Volkstrauertag
1 Gottesdienst in der Seniorenresidenz
1 Reformationsgottesdienst
1 Gottesdienst zur Verabschiedung des alten Presbyteriums
1 Segnungsgottesdienst für die Kita-Kinder
1 Morgenmeditation im Advent
3 Heiligabend-Gottesdienste
1 Gottesdienst zum Altjahresabend

1 Advents-Café
1 Konfi-Café
4 Pfarrkonvente/Pfarrkonferenzen
3 Advents/Weihnachtsfeiern

Sonntag, 13. Oktober 2013

Ich swing an deiner Krippen hier - das Making-of mit Ludwig 3 #openreli

Schon vor einiger Zeit habe ich ein wenig mit der Demo herumgespielt und seitdem mit einem Kauf geliebäugelt. Als ich es vor zwei Wochen noch einmal günstiger entdeckte - dabei ist der reguläre Preis schon sehr fair -, habe ich zugeschlagen: bei Ludwig 3, dem Kompositions- und Arrangier-Programm aus dem Hause ChessBase. Letzteres hat sich einen Namen gemacht mit der gleichnamigen Schach-Datenbanksoftware und dem spielstarken Schachprogramm Fritz. Zum Verhältnis von Schach(software) und Musik(software) hat der Entwickler beider Programme, Matthias Wüllenweber, dem Schachmagazin "Karl" einmal ein lesenswertes Interview gegeben.

Da passte es wie die Faust aufs Auge, dass es zum openreli-MOOC, an dem ich je nach Zeit, Lust und Laune teilzunehmen und -zugeben gedenke, auch ein kleines begleitendes Musikprojekt gibt, wie ich aus dem Kursblog von Christian Günther erfahren habe. Und dazu habe ich mit Ludwig 3 nun Folgendes hervorgebracht:

Dienstag, 9. Oktober 2012

Zweckfrei und fantasievoll - Von der Schöpferkraft Gottes im Menschen


[Hausandacht im Speyerer Landeskirchenrat am 9. Oktober 2012]

Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird; denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet.
1. Timotheus 4, 4-5

Liebe Hausgemeinde!

Es ist eine dieser Szenen, die sich als Erinnerungsbild aus der Kindheit besonders fest in mein Gedächtnis gegraben haben: Wie mein Großvater mir hilft, kleine Löcher in die zuvor gesammelten Kastanien zu bohren, um diese dann mit Streichholzsteckverbindungen zu seltsamen Gebilden zu arrangieren: irgendwelche Figuren, Männchen, ja, aber mit ziemlich klumpigen Händen und Füßen, fast genauso groß wie Kopf oder Körper.

Seit vorgestern haben nun auch meine Kinder eine solche Erinnerung. Wie tief eingegraben sie ist, weiß ich nicht, aber ihren Spaß hatten sie dabei. Wir haben noch andere Herbstfunde verarbeitet als nur Kastanien; das Ergebnis sehen Sie auf dem Bild. Was erkennt die Fantasie?
- vielleicht einen kleinen dicken Franzosen mit Baskenmütze und Bucheckernfüßen
- dann ein etwas buckliges vogelähnliches Wesen rechts oben; das Eichenblatt, das eine Schwanzfeder bildet, ist auf dem Foto leider abgeschnitten
- und zwei vierbeinige Tierchen mit Köpfen aus Eicheln, vielleicht braune Schafe ...

Basteln, Schneiden, Kleben, Stecken, das macht jedem Kind Spaß, auch dem Kind im Manne, wenn nur etwas halbwegs Sinnvolles oder Lustiges dabei herauskommt.
Sinnvoll, habe ich gesagt. Aber was tun wir da eigentlich? Tatsächlich ist es doch sinn-los, jedenfalls zweckfrei, oder: eine Zweckentfremdung von Dingen, Gaben der Natur, die eigentlich ganz anderen Zwecken dienen.

Warum tun wir das?
Da kommt im Spielerischen ein Wesenszug des Menschen zum Vorschein. Ob es Herbstbasteleien mit Kastanien, Eicheln und Bucheckern sind; ob bei einem Telefongespräch kunstvolle Muster auf einem Stück Papier entstehen; ob jemand eine CD mit Lieblingsliedern für sich selbst oder für seine Liebste zusammenstellt (früher hieß das Mixtape, laut einem Essayisten „die am häufigsten ausgeübte amerikanische Kunstform“ ): Es drängt uns stets, etwas zu gestalten. Wir bringen einen anderen, neuen Sinn hinein in das, was uns die Welt darbietet. Wir erschaffen etwas Neues – nicht aus dem Nichts, sondern aus vorgegebenen Elementen – aber wir denken sie neu, kombinieren sie neu.

Vor 50 Jahren erschien das Buch „Was ist der Mensch?“ des Theologen Wolfhart Pannenberg . Darin schreibt er:
„Über alles, was ihm in der Welt begegnet, strebt der Mensch hinaus, durch nichts ganz und endgültig befriedigt.“ (S. 13) Dem Menschen ist dabei „eine viel größere Mannigfaltigkeit von Eindrücken zugänglich als jedem Tier. Solcher Vielfalt stehen die Menschen ursprünglich und faktisch immer wieder hilflos gegenüber. Das ist die Ursituation des Menschen in der Welt, besonders die des Kindes. Darum ist es als erstes nötig, sich zu orientieren, eine Übersicht zu gewinnen. Diese Aufgabe der Orientierung wird nun auf eine sehr bemerkenswerte, für alles menschliche Verhalten charakteristische Weise gelöst: Während die Tiere durch ihre Organe die Eindrücke sozusagen filtern, so daß nur ganz wenige davon ihr Bewußtsein erreichen, vermehrt der Mensch die Vielfalt der Welt noch durch eigene Schöpfungen. Im Umgang mit seiner Umgebung baut er sich immer eine eigene, künstliche Welt auf, um durch sie die Vielfalt der auf ihn einstürmenden Sensationen zu bändigen.“ (S. 14)

Was der Mensch da tut, ist nichts anderes als: Er schafft Kultur. Und ich stelle mir vor, dass außerirdische Archäologen zu Besuch kommen, unsere Herbstbasteleien finden – und sie für religiöse Kultobjekte halten. Wäre ja denkbar.

„Kultur bedeutet ursprünglich Ackerkultur. Die materielle Kultur umfaßt dann auch Handwerk und Industrie. Alle materielle Kultur beruht auf planvollem, zwecktätigem Umgang mit den Dingen unserer Umgebung.“ (S. 18) Durch die Kultur „baut der Mensch sich eine künstliche Welt, indem er die Dinge so verwandelt, daß sie besser der Befriedigung seiner Bedürfnisse dienen“ (S. 19)

Pannenberg fragt nun: „Welche Kraft befähigt eigentlich zu solchen schöpferischen Leistungen?“ Und er sagt: „Entscheidend aber ist die Macht der Phantasie. Sie bildet den schöpferischen Grundzug im menschlichen Verhalten. [...] Im Menschlichen Verhalten gewinnt die Phantasie deshalb so breiten Raum, weil der Mensch nicht frühzeitig durch Instinkte in eine arttypisch festliegende Richtung gedrängt wird. Menschliches Verhalten behält etwas Zwecklos-Freies, Spielerisches, soweit die Menschen es nicht selbstgesetzten Zielen unterwerfen. Und wer sein Verhalten zu sehr in der Verfolgung von Zwecken aufgehen läßt, so daß dem freien Spiel der Phantasie gar kein Raum mehr bleibt, der verkümmert und verliert sene Spannkraft. Im menschlichen Verhalten, sofern es schöpferisch ist, kommt der Phantasie diejenige Schlüsselstellung zu, die bei den Tieren die Instinkte innehaben.“  (S. 19f.)

Pannenberg spannt den Bogen noch weiter, hin zur wissenschaftlichen Erkenntnis: dass nämlich „jede weiterführende wissenschaftliche Einsicht [...] mit einem Einfall, mit einem Phantasieereignis [beginnt]“ (S. 20). „Echte Einfälle“ aber „kann man nicht hervorrufen“. Damit hat „die am entschiedensten schöpferische Tätigkeit des Menschen zugleich einen passiven Zug“ (S. 21): Gott wirkt eben nicht nur „in der äußeren Geschichte“, sondern „auch in der Innerlichkeit des Menschen unablässig Neues“, und damit ist „der Mensch gerade in seinem Schöpfertum zugleich ganz und gar ein Empfangender“ (S. 22). Kurz gesagt: Wem etwas einfällt und daraus etwas macht, der ist ein lebender Gottesbeweis.

So wünsche ich uns viel Fantasie bei allem, was wir tun, heute, diese Woche, und darüber hinaus.
Der Friede Gottes aber, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn.
Amen.

Sonntag, 30. September 2012

"Ich dachte, ich arbeitete vergeblich ..." - Predigt am 30.09.2012 (17. nach Trinitatis)

[gehalten in der Protestantischen Martin-Luther-Kirche, Schifferstadt]



Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merket auf! Der HERR hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war. Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt. Und er sprach zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, durch den ich mich verherrlichen will. Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz, wiewohl mein Recht bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott ist. Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht bereitet hat, dass ich Jakob zu ihm zurückbringen soll und Israel zu ihm gesammelt werde, - darum bin ich vor dem HERRN wert geachtet, und mein Gott ist meine Stärke -, er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde.
Jesaja 49, 1-6

Liebe Gemeinde,
das sind Sätze, die unmöglich mit nur einem Mal Hören oder Lesen zu verstehen oder auch nur aufzunehmen sind. Große Worte klingen da irgendwie heraus, aber sie rauschen doch vorbei.

Ich will deshalb heute Morgen nicht eingehen auf die geschichtliche Situation vor 2500 Jahren, in der dieser Text entstanden ist. Ich will auch nicht die Frage diskutieren, wer oder was dieser „Gottesknecht“ ist, der im Jesajabuch an mehreren Stellen auftaucht, ob er eine einzelne königliche oder prophetische Gestalt ist oder ob er doch eher das Volk Israel als Ganzes darstellt, – oder ob er sogar als Prophezeiung auf Jesus Christus hin gedeutet werden darf.

Das alles soll heute Morgen nicht Thema sein.
Ich will stattdessen die innere Entwicklung nachzeichnen, die dieser Mensch, der hier spricht, durchmacht.
Und ich hoffe, dass daran deutlich wird: Obwohl das alles zunächst so abgehoben und fern und vergangen klingt, hat der Prophet hier eine Grunderfahrung niedergeschrieben, die jeder einmal macht, der von sich sagt: Ich glaube an Gott und gewinne daraus meinen Lebenssinn.
Was das für eine Erfahrung ist, verstehen wir am besten, wenn wir die Gedankenbewegung desjenigen, der da schreibt, so mitgehen, wie er sie formuliert hat.

Er beginnt seine Rede mit ungeheurem Selbstbewusstsein. Er wendet sich nicht an eine Einzelperson oder eine kleine Gemeinde. Er wendet sich gleich an die ganze Welt: „Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merket auf!“ Woher kommt dieses Selbstbewusstsein? Er sagt es gleich im nächsten Satz: „Der Herr hat mich berufen von Mutterleibe an, er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war.“ Daher kommt sein Selbstbewusstsein, sein Selbstvertrauen: Weil er sich getragen weiß, weil er um seinen Ursprung, seine Wurzel weiß. Er ist verankert und gefestigt durch seine Vergangenheit, er weiß: Gott hat mich gekannt, bevor ich geboren war. Gott hat mit mir etwas vorgehabt, noch bevor ich aus dem Leib meiner Mutter hervorgekommen bin in diese Welt. Und: Er hat mich schon geliebt, bevor mich Menschen lieben konnten.

Das ist die Wurzel des Propheten. Das ist auch – glaube ich – die Wurzel, auf die wir alle hier zurückgehen und auf die wir uns berufen, woher auch wir unsere Sicherheit gewinnen, und was wir glauben: dass wir gewollt sind. Dass es kein Zufall ist, dass wir da sind, kein Schicksal, sondern ein Akt der Liebe. Und deshalb können wir mit beiden Beinen fest im Leben stehen – weil wir wissen: Wenn uns sonst auch keiner kannte, wenn sonst auch keiner wusste: Was wird aus ihm? – Gott hat es gewusst. Schon von Anfang an.

Dann redet der Prophet in diesen Waffenworten. Und was er da bildhaft mit diesen Begriffen umschreibt, mit dem scharfen Schwert und dem spitzen Pfeil, was er damit ausdrücken will, ist, welche Gaben und Fähigkeiten ihm Gott mitgegeben hat, welches Charisma. Charisma, das alte griechische Wort für "Gnadengeschenk, göttliche Gabe". Diese Gaben, die Gott diesem Propheten gegeben hat, beziehen sich auf seine Sprache, seine Persönlichkeit, sein Auftreten. "Meinen Mund hat Gott wie ein scharfes Schwert gemacht". Wir kennen heute noch den Ausdruck "eine spitze Zunge haben". Was dieser Prophet, der hier spricht, offensichtlich kann, ist mit Worten so genau den Finger in die Wunde legen, dass es anderen deutlich wird, was Sache ist, wo sie sich eingeigelt haben und sich gleichgültig eingerichtet haben mit einer Situation, die doch eigentlich unannehmbar ist. Und diese Gabe, so sagt er, verdankt er Gott.

Und nun spricht er von seinem ganz speziellen, eigenen Auftrag: Gott spricht zu ihm: "Du bist mein Knecht, Israel, durch den ich mich verherrlichen will." Es geht um das Amt des Propheten, aber eigentlich um das Amt eines jeden, der sich im Dienste Gottes sieht: Gott zu verherrlichen, allein Gott in der Höhe die Ehre zu bringen, durch alles, was er tut und sagt.
Und dann, nach alledem!
- Nachdem der Prophet so groß, fast großspurig sich an die ganze Welt gerichtet hat: „Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merket auf!“ ...
- Und nachdem er verdeutlicht hat, wie sehr er sich in Gott verwurzelt sieht, sich vom Mutterleibe an mit ihm verbunden und von ihm getragen weiß ...
- Und nachdem er hingewiesen hat auf die Gaben und Fähigkeiten, die Gott ihm verliehen hat und die ihn vor anderen auszeichnen ...
- Und nachdem er gesagt hat: Ich habe von Gott einen Auftrag bekommen. Ich bin derjenige, durch den er sich in der Welt verherrlichen will, durch den er zeigen will, wie groß und mächtig er ist ...

Nach alledem! kommt trotzdem ein Satz, bei dem ich mich auf einmal dem Propheten ganz nahe fühle. "Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz, obwohl doch mein Recht bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott ist."

Ich glaube, dieser Zweifel ist eine allgemein menschliche Grunderfahrung: Dieses Gefühl, sich bemüht zu haben, gearbeitet zu haben, sich engagiert zu haben, und sich dann zu fragen: Hat das eigentlich wirklich etwas bewirkt? Am Sinn und Nutzen dessen, was ich tue, zu zweifeln, und daran, ob es wirklich etwas beiträgt zur Bildung der nachfolgenden Generationen, zu einem besseren Miteinander in der Gemeinde, sei es nur zum guten Zusammenleben in der Familie.

Selbst dieser Prophet, der sich so verwurzelt sieht in Gott, der seine Herkunft, seinen Auftrag, seine Fähigkeiten so überzeugt von Gott her bestimmt sieht, ist nicht gefeit vor diesem Zweifel.

Allein diese Tatsache ist für mich schon ein Trost. Das gibt jedem und jeder unter uns absolut das Recht zu sagen: Ich darf auch mal dran zweifeln, ich darf auch mal resignieren, auch wenn es sich schrecklich anfühlt, denn es IST auch zum Resignieren, wenn man sieht, wie sich nichts ändert über all die Jahre, die ich mich engagiert habe, die sich christliche Gemeinden engagiert haben, die auch auf politischer, auf gesellschaftlicher Ebene sich Menschen engagiert haben und versucht haben, etwas zum Guten hin zu verändern, und dann kommt doch heraus: Der Egoismus scheint sich durchzusetzen, die Reichen werden immer reicher, eine immer kleinere Anzahl von Leuten besitzt einen immer größeren Teil des Vermögens, die Armen werden immer ärmer, eine neue Unterschicht soll es geben – was die Menschen, die in diesen Zusammenhängen arbeiten, in Beratungsstellen, in Initiativen, schon lange wussten.

Sicher könnten Sie alle auch Beispiele aus Ihrem eigenen Leben geben, wie es ist, Tage, Monate, Jahre an etwas zu geben, von dem man nicht weiß, ob und was es bewirkt. Wenn es ganz arg kommt, geht es einem wie dem Propheten: Er sagt: „Ich verzehrte meine Kraft“, er fühlt sich ausgezehrt und unnütz.

Doch wie sich der Prophet fühlt, macht noch einmal eine Wende, und das ist auch eine wichtige Wende für uns – zu wissen, wenn es mir so geht, wenn ich das Gefühl habe, nichts von dem, was ich tue und sage und handle, hat einen Sinn, bewirkt etwas zum Guten hin: Worauf kann ich mich dann noch verlassen, rück-be-SINN-en? Und es ist tatsächlich nur das Eine, das Wort Gottes: "Nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht bereitet hat".

Das ist das Entscheidende: Gott spricht zu uns, durch andere Menschen, durch die Bibel, durch Erfahrungen, die wir machen im Miteinander, durch die kleinen, guten Zeichen, die Erfahrungen von Solidarität, von Gemeinschaft, vom Teilen, die es ja doch gibt, und für die wir nur die Augen öffnen müssen, die uns oft nicht mehr auffallen vor dem, was uns in den Medien präsentiert wird, denen oft nur schlechte Nachrichten gute oder berichtenswerte Nachrichten sind, die darin oft untergehen – dafür die Augen öffnen und darin die Nähe Gottes erfahren, das Wort Gottes, das Gott für einen jeden von uns persönlich und speziell zu sagen hat.

Für den Propheten hier hat Gott den speziellen Auftrag, das große zerstreute Gottesvolk Israel wieder zurückzubringen und zu sammeln. Zu wissen aber, dass er einen Auftrag hat, das gibt ihm wieder das Bewusstsein zurück, „vor dem Herrn wert geachtet“ zu sein.

Dann geht der Auftrag noch weiter: Es geht nicht nur um dieses eine, ursprüngliche auserwählte Gottesvolk, sondern "ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde". Dieser Auftrag gilt der ganzen Welt, und deshalb hat der Prophet seine Rede auch an die ganze Welt, an die Völker in der Ferne gerichtet.

Das ist es, was Gott für die Welt will: Sein Heil soll sich in ihr durchsetzen, seine Freiheit, sein Friede, seine Gerechtigkeit für alle. Das ist Gottes Wille, der hier im Auftrag an den Propheten im Alten Testament deutlich wird – und der für uns Christinnen und Christen noch einmal ganz deutlich geworden ist durch Jesus Christus, der von sich gesagt hat: Ich bin das Licht der Welt.

Davon ausgehend haben wir das Amt und den Auftrag übernommen, ebenfalls Licht zu sein. Als Menschen, die wir an Christus als das Licht der Welt glauben, ist es unsere Aufgabe, dieses Licht in die Welt zu bringen. Und dieser Auftrag – wie der Auftrag Gottes an den Propheten – zeigt uns, dass wir wert geschätzt sind vor dem Herrn.

Für diese Aufgabe, Licht in der Welt zu sein, hat Gott wie diesem Propheten so auch uns jedem seine eigenen Gaben und Fähigkeiten gegeben, sei es ein guter Lehrer zu sein oder ein guter Erzähler, sei es selbst wichtige Erfahrungen gemacht zu haben, die man an andere weitergeben kann, sei es gut mit Kindern und Jugendlichen umgehen zu können, sei es gut mit Alten und Kranken umgehen zu können, ihnen Trost spenden zu können, sei es handwerklich begabt zu sein, etwas schaffen und bauen zu können, sei es reden zu können, sei es organisieren und planen zu können, irgendetwas mit vorzubereiten, Ideen zu entwickeln. Das alles sind Gottes Gaben für uns in dieser Welt, die uns helfen, Licht zu sein und diese Welt hier und da an vielen kleinen Punkten immer heller zu machen – entgegen allem Dunklen und resignierend Wirkenden.

Wenn die Frage gestellt wird: „Wie sollen wir als Christen in der Welt handeln?“, dann wird gerne die Antwort gegeben: Orientiere dich an der Frage: „Was würde Jesus tun?“ Aber ich glaube, das überfordert uns – als ob jeder von uns ein kleiner Christus sein könnte. Ich habe vor einiger Zeit einen anderen Satz gehört, den ich hilfreicher finde: Wie würde ich mich verhalten, wenn Jesus mit am Tisch säße? Wenn er bei dieser Besprechung oder jener Sitzung mit dabei wäre? Stell dir vor, er ist mit im Zimmer, wenn du mit deinem Kind sprichst, wenn du mit deinen Eltern sprichst. Was würdest du tun und sagen in der Anwesenheit eines solchen Gastes? Sich daran zu orientieren ist Aufgabe genug.

Was uns Kraft gibt, ist immer wieder diese Rückbindung, diese Vergewisserung, dass wir die Sicherheit darin haben, dass wir von Gott herkommen, von Gott her gewollt sind, schon vor aller Zeit. Schon bevor uns die Welt gesehen hat, hat uns Gott gesehen. Und wenn uns die Welt einmal nicht mehr sehen wird, dann sieht uns Gott immer noch. Diese Gewissheit haben wir durch das Leben, Sterben und Auferstehen Jesu Christi. Mit ihm hat er UNS gezeigt, was er dem Propheten auf andere Weise gesagt hat: Du bist vor mir wert geachtet! Und wir können sagen: Mein Gott ist meine Stärke.
Amen.