Sonntag, 11. März 2012

Zweierlei Erdbeben

Heute vor einem Jahr bebte vor der Ostküste Japans die Erde,  unter dem Meer, stärker als jemals zuvor. Die Folgen sind bekannt: Mehrere Atomkraftwerke geraten außer Kontrolle. Zehntausende Menschen müssen daraufhin ihre Häuser verlassen. Vor allem aber überschwemmt eine gewaltige Flutwelle die Region. Fast 20 000 Menschen sterben im Tsunami, Hunderttausende werden obdachlos.

Ich finde es wichtig, sich heute, wenigstens heute, daran zu erinnern. Denn meistens geraten doch die menschlichen Tragödien hinter der Katastrophe in Vergessenheit, sobald die Schlagzeilen verebben. Anderes tritt in den Vordergrund, schließlich ist diese Region nicht die einzige, wo etwas geschieht, sei es Gutes oder Schlimmes. Aber immer noch haben Hunderttausende mit den Folgen des Bebens in Japan zu kämpfen.

Mit dieser Erinnerung blicke ich voraus auf das Ende der Passionszeit, auf Ostern, das Fest der Auferstehung Jesu. Im Matthäus-Evangelium steht ein Hinweis, der vor lauter Osterfreude gerne überlesen wird. Als die Frauen kommen, um nach dem Grab Jesu zu sehen, heißt es doch tatsächlich: „Es geschah ein großes Erdbeben.“ Wie nebenbei steht dieser Satz da, als habe dieses Beben gar keine verhängnisvollen Folgen gehabt.

Ein Beben kommt über die Menschen angesichts der Auferstehung Jesu. Es kommt aber nicht als Verhängnis. Vielmehr ist es ein „Gegenbeben“, ein „Umkehrbeben“. Es steht für das größte Hoffnungsereignis der Menschheitsgeschichte. Es kehrt Leid und Schmerz um, es verwandelt den Tod ins Leben. Es hebt die Welt aus den Angeln. Kein Stein in unserem bisherigen Gedankengebäude bleibt auf dem anderen. Es bringt unsere ehernen Gesetzlichkeiten – „tot ist tot“ -  durcheinander, es wirft uns um.

Ja, es ist deshalb auch zum Fürchten, dieses Beben. Doch zugleich ist es zum Freuen: Wird doch gerade das erfüllt, wonach wir uns als endliche Wesen am meisten sehnen; ist doch gerade das überwunden, was uns am meisten zu schaffen macht: Der Tod behält nicht das letzte Wort.

Gott ist ein Gott des Lebens. Darum können  alle, aber gerade und vor allem die Leidenden und Sterbenden, die Opfer und Unterdrückten, mitten in der Verzweiflung hoffen, in allem Ende die Kraft schöpfen für den Neuanfang.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen