Mittwoch, 12. August 2009

U2 in Gelsenkirchen - gigantisch und auch wieder nicht

2009-07 U2 Gelsenkirchen - 12
So. Nun ist es bereits über eine Woche her, dass ich vom U2-Konzert in Gelsenkirchen zurückgekommen bin. Genügend Abstand, um nicht mehr allzu ersteindrucks-benebelt darauf zurückzublicken. Dann würde dieser Beitrag noch enttäuschter und verärgerter ausfallen.

Ungefähr das Folgende hätte ich gerne ebenfalls im Nachgang geschrieben:
"Ich habe mit viel gerechnet, aber dass ich am Ende völlig aufgelöst, sabbernd, mit offenen Mund da sitze und einfach nicht begreifen kann, was ich da gerade gesehen habe, wird mir auf ewig in Erinnerung bleiben.
Das war – mit Abstand – die gewaltigste, gigantischste Live- und Light-Show, die ich jemals gesehen habe." (via Dackworld)
Denn genau solche Äußerungen hatte ich zuvor verschiedentlich bereits von anderen Besuchern der 360°-Tour vernommen. Ich ließ mich tatsächlich von den Vorschusslorbeeren und den atemberaubenden Bildern des Bühnenaufbaus mitreißen und rechnete mit nichts weniger als dem bislang beeindruckendsten Konzert-Event meines Lebens. Um es kurz zu machen: Das war es nicht. Das lag aber nur zum geringsten Teil an der Band und ihrer Performance. Es lag auch nicht an unserer dadurch etwas gedrückten Stimmung, dass wir von der Vorband "Snow Patrol" aufgrund des ungeheuren Verkehrs-Chaos nur noch die letzten paar Takte zu hören bekamen - obwohl wir zwei Stunden Puffer eingeplant hatten.

Nein, meine Enttäuschung war vorrangig durch den katastrophalen Sound auf der Tribüne in der Schalke-Arena verursacht. Wie es dort, wo wir saßen, wummerte, schepperte und auch rückkoppelte, das hat mir leider über weite Strecken die Freude am Konzert verdorben. Zum Teil kam für mich nur Krach rüber, Soundbrei, mal ging The Edges Gitarre darin total unter, mal Bonos Stimme. Anderswo in der Arena, vor allem unten im Innenraum, war der Klang wohl deutlich besser, wie ich gelesen habe. Das Akustikproblem scheint ein altbekanntes zu sein - mir war es leider nicht bekannt. Die schwarzen Tücher, die rundum von der Decke hingen, sollten offenbar dazu beitragen, die Akustik zu verbessern. Das Problem lag nur darin, dass ein Großteil der Tribünengäste - so auch wir - nicht innerhalb der Tuchumrandung saß, sondern außerhalb, so dass das Ganze für uns eher noch eine Verschlechterung bedeutete. Ich hatte jedenfalls das Gefühl, dass sich das "Krachige" des Klangs auf den höheren Tribünenplätzen dadurch noch zusätzlich fing und verstärkte. Zudem saßen wir im Block 5 der Victoria-Tribüne bereits so hoch, dass der obere Rand des Bühnenaufbaus von den Tüchern verdeckt wurde. Wie war das erst für die Leute, die noch höher saßen?

Fotos vom Konzert sind hier zu finden:
http://bit.ly/gBLyp
http://www.u2tour.de/photos/index.php?category=490
http://www.alles-ueber-dubai.de/bilder/u2konzert09/index.htm

Übrigens nahm die Höhe unserer Plätze auch der über 50 Meter hohen Bühne einiges von ihrem Eindruck. Wir blickten auf die Bühne hinab, wodurch auch Video- und Lightshow nicht so recht bei uns ankamen. Die Gigantomanie der Bühne wurde durch die Gigantomanie der Arena relativiert. Gegen Ende des Konzerts habe ich mich deshalb nach unten begeben, um das Gefühl zu erleben, die Bühne über mir aufragen zu sehen. Besser geklungen hat es dort im unteren-hinteren Teil der Arena freilich auch nicht nennenswert.

Ich habe im Folgenden das komplette Konzert als YouTube-Playlist zusammengestellt. Einige Titel sind doppelt und dreifach darin aufgenommen, weil ich mich nicht entscheiden konnte, welches Video ich qualitativ besser finde. Wer alternative YouTube-Links kennt mit gutem Bild und Ton: nur her damit.


Die Jungs von U2 waren bis auf wenige Momente guter Laune und legten hohe Rock-Qualität vor. Die Highlights des Konzerts waren für mich ausgerechnet die beiden Titel, die beim Konzert in Berlin einige Wochen zuvor nicht auf der Setlist standen: "Elevation" (bei dem ich fast schon neidisch auf die hüpfende Menge mit den tausenden emporgereckten Händen hinabblickte) und "Stuck in A Moment", das Bono und The Edge zu zweit in einer wunderbaren, Gänsehaut erzeugenden Akustikversion darboten. "Elevation" brachte auch eine der leider wenigen spontanen Einlagen, als nach Schluss des Songs die Menge noch einmal begann, die Hookline zu johlen und Bono a cappella in den Refrain einstimmte. Großes Kino! Eine zweite, noch etwas unfreiwilligere, dafür amüsantere Überraschung brachte "Vertigo" - hier musste die Band aufgrund von Problemen mit The Edges Gitarre abbrechen und den Titel von vorne beginnen.

2009-07 U2 Gelsenkirchen - 10
Sehr gut gefiel mir überraschenderweise "Unknown Caller", ein Stück von der neuen Platte "No Line on the Horizon". Das umlaufende Videoband der 360°-Bühne diente dabei als Karaokemaschine, so dass wirklich jeder mitsingen konnte. Glutrot leuchtend präsentierte sich die Bühne bei "The Unforgettable Fire", einer alten U2-Perle, die für diese Tour einen festen Platz in der Setlist bekommen hat. Und zu "One" initiierte Bono eine Milchstraße aus Handy-Lichtern in der kompletten Arena - von oben ein wirklich großartiger Anblick, endlich einmal ein Vorteil unserer Plätze.

Leider ein Totalausfall war die zweite Zugabe "With Or Without You". Bono lag in den ersten Zeilen z.T. stimmlich völlig daneben - was möglicherweise mit Problemen mit seinem Ohrhörer zusammenhing; so kam es uns jedenfalls vor, aber auch sonst wirkte er während des ganzen Titels recht lustlos. Ich finde das speziell bei diesem Titel durchaus verständlich - aber dann sollen sie ihn doch lieber ganz lassen. Die letzte Zugabe, "Moment of Surrender", ist für mich eines der besten Stücke auf "No Line ...", ging als letzter Song im Konzert aber nach meinem Geschmack ein wenig unter. Insgesamt hätte das Konzert noch etwas länger sein können; mit zwei Stunden Dauer lag es an der Untergrenze dessen, was ich erhoffte.

Eigentlich kann ich erst jetzt, nachdem ich mir die Videomitschnitte des Konzerts auf YouTube angesehen habe, sagen: Ja, das war wohl ein gutes, wenn nicht gar großartiges Konzert. Die Akustik in der Gelsenkirchener Arena hat es aber leider für viele Besucherinnen und Besucher kaputt gemacht. Schade! In fünf Jahren muss ich dann wohl doch die teuersten Karten nehmen, um diese Scharte auszuwetzen. Ob es überhaupt noch einmal Schalke wird, ist sehr fraglich.

Meine Tochter übt jedenfalls schon mal:


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3 Kommentare:

  1. Schade das Du so wenig das Konzert genießen konntest wie ich. Mit der Akustik konnte ich persönlich jetzt nichts negatives sagen, aber das ist und bleibt glaub ich immer das Problem in Arenen mit Überdachungen.
    Wenn ich mich an das Konzert vor paar Jahren in der Köln-Arena zurück erinnere läuft es mir auch wieder eiskalt den Rücken runter.

    Dennoch glaub ich, war es für Dich genauso ein Fantastisches Erlebnis wie für mich. ;-)

    P.s. Danke für`s Verlinken, wie kamst Du nur auf meine Seite? Es gibt so viele andere mit dem gleichen Thema. Dennoch Danke

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  2. Wie kam ich auf Deine Seite, gute Frage: Ich glaube, via Twitter - habe dort wohl just zu dem Zeitpunkt nach U2-Einträgen gesucht, als Dein Blogbeitrag dort auftauchte. Und wie hast Du diesen Beitrag bemerkt? Ich habe doch gar keinen Trackback gesetzt...

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  3. Stichwort: Eingehende Links ;-)

    Gruß

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