Sonntag, 27. Februar 2022

Schuldbekenntnis angesichts des Kriegs in der Ukraine

Gott, wir sind schuldig vor dir geworden.
Schuldig als solche, die für deine ganze Menschheit stehen.
Und schuldig ganz individuell.
 
Gott, wir handeln nicht nach deinen Geboten.
Wir missachten deinen Willen.
Denn „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein“.
Und doch führen wir Menschen Krieg.
Und das zieht so viel andere Schuld nach sich.
 
Schuldig sind wir,
uns Horrorszenarien auszumalen, die alles noch schlimmer machen, als es eh schon ist, von Weltkrieg und Atomkrieg.
Schuldig, uns von Schlagzeilen mit diesen Begriffen besonders ansprechen zu lassen und sie fast begierig anzuklicken, die Zeilen zu lesen.
 
Schuldig sind wir, uns hier um uns selbst zu sorgen,
welche Belastungen auf uns zukommen mögen
an höheren Energiepreisen
und wie unser gutes Leben davon wohl eingeschränkt sein wird.
 
Schuldig sind wir, Zahlen und Statistiken und Karten und Truppenbewegungen zu verfolgen und zu vergleichen, als wäre es ein großes Stratego-Spiel.
 
Schuldig sind wir,
der Faszination des Schrecklichen zu unterliegen.
 
Schuldig auch der Heldenverehrung - mit klopfendem Herzen die Videobotschaften des ukrainischen Präsidenten zu verfolgen oder die Meldungen von hartnäckigem Widerstand unter Einsatz des eigenen Lebens.
 
Schuldig sind wir, mit dem Gedanken zu spielen, ob ein Tyrannenmord schon gerechtfertigt wäre und helfen könnte.
 
Schuldig sind wir, Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet zu unterstützen und so noch mehr Öl ins Feuer zu gießen – und schuldig wären wir gewesen, es nicht zu tun und so den Angegriffenen nicht Hilfe zur Verteidigung zu leisten. Das Teuflische des Krieges: Niemand bleibt ohne Schuld.
 
So groß ist unsere Schuld.
Dir bekennen wir sie.
Erbarme dich unser.
Gib uns ein neues Herz und einen neuen Geist,
damit wir suchen, was dem Frieden dient.
Amen.

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