Dienstag, 1. März 2022

Gedanken in Kriegszeiten - Von Waffenlieferungen und Politik mit der Bergpredigt

Ein paar Gedanken. Ins Unreine. Zeugnis eines Ringens mit mir selbst, mit der Welt, mit dem Glauben. Eigentlich nur für mich selbst geschrieben, getippt in mein Journal. Aber heute teile ich sie mit euch. Seid gnädig.


So viele Gedanken in diesen Tagen. So schwer in Worte zu fassen. Bruchstücke. In die eine Richtung, dann in die Gegenrichtung. Was ist richtig, was ist falsch? Nachdenken über Dinge wie: Landesverteidigung … sofortige Kapitulation … gewaltloser Widerstand … Frieden schaffen ohne Waffen … Realismus … Ach.

Deutschland liefert Waffen an eine Kriegspartei. Zur Selbstverteidigung. Es wird am Ausgang des Krieges in der Ukraine nichts ändern. Russland wird siegen. Die Unterstützung der Angegriffenen wird den Krieg "bestenfalls" - schlimmstenfalls - in die Länge ziehen. Mehr Tote. Schnellere Kapitulation verringert Kriegsopfer, ist es nicht so? Ist die Waffenlieferung nicht auch (nur?) ein politisches Deckmäntelchen? Um sich moralisch gegenüber den anderen Ländern nicht unterlegen zu fühlen? Kriegsmoralisch. Nicht allein dazustehen, nicht die einzigen zu sein, die keine "Hilfe" leisten.

Was würde ich sagen, denken, wenn es unser Land wäre, das angegriffen würde? Sofortige Kapitulation, um Opfer zu vermeiden - weil wir eh keine Chance hätten, nicht siegen könnten? Und stattdessen die ungeheuerliche, riesige, nicht auszumalende Angst in Kauf zu nehmen, was mit einer kampflosen Übergabe geschähe? Welche Einschränkungen von Freiheit es bedeutete, welche Änderungen von Recht und Gesetz? Sich ganz und gar ausgeliefert fühlen zu müssen?

Wo Leben ist, ist Hoffnung, auch in Angst. Tote können nicht mehr hoffen. Wer am Leben bleibt, kann - wenn er es schafft - noch für die Toten hoffen: dass der Tod nicht das Ende ist. Er ist es aber für dieses Leben. Für unsere Augen, Ohren, Herzen.

Andere Worte kamen mir in den vergangenen Tagen in den Sinn, als das Vorhaben der 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr aufkam:
Ich meine, dass Deutschland nie wieder militärisch so aufgestellt sein darf, dass es von anderen als Bedrohung wahrgenommen werden kann. Die Bundeswehr sollte nur so ausgestattet sein dürfen, dass sie fähig ist, bei humanitären Einsätzen zu unterstützen und zu helfen und auszubilden - und sich selbst zu schützen.
Deutschland muss wehrlos sein. Verletzlich. Verwundbar. Es muss im Fall der Fälle auf die Hilfe anderer angewiesen sein. So kann seine Schwäche zur Stärke werden, um der Weltgemeinschaft zu dienen: mit diplomatischen Mitteln, als Vermittler in Konflikten, als Mahner vor dem Hintergrund der eigenen Geschichte, als Fürsprecher von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten.

Das aber in diesen Tagen zu denken oder gar zu sagen, ist unpopulär. Wirkt irrational. Klingt nach weichgespülter Friedensrhetorik. Gut genug für Zeiten ohne Bedrohungen. Aber jetzt ist alles anders. "Zeitenwende". Wer so denkt, ist aus der Zeit gefallen, verschließt die Augen vor der Realität: Die Welt ist so, dass jeder Waffen braucht.
Und überhaupt: Sind obige Gedanken nicht auch nur eine Spielart von "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen"?

Ich weiß es doch auch nicht.

Aber mir klingen auch Bibelworte im Ohr, im Geist, dringen ins Herz:
Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen. (Mt 5,9)
Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Bösen, sondern: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar. (Mt 5,39)
Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, auf dass ihr Kinde seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. (Mt 5,44f.)
Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. (Mt 10,16a)
Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, doch die Seele nicht töten können (Mt 10,28a)
Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der wird durchs Schwert umkommen.
(Mt 26,47)

Politik mit der Bergpredigt?
Behalten jetzt diejenigen Recht, die sagen: "Das ist nicht möglich"?

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